Beim Urlaub wird nicht mehr gespart

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Erste zarte Reisetrends verheißen Gutes. Die Österreicher buchen früher und öfter. Die Branche ist nach den jüngsten Krisen wieder hoffnungsfroh. Aber die Türkei macht Sorgen.

Wien. „Was passiert da gerade in Österreich?“ Das werde sie von der deutschen Konzernzentrale zurzeit öfter gefragt, sagt TUI-Österreich-Geschäftsführerin Lisa Weddig. Der landesweit größte Reiseveranstalter konnte seinen Sommerumsatz in den ersten Buchungswochen gegenüber dem Vorjahr um 30Prozent steigern. „Man merkt, im Tourismus in Österreich ist wieder Bewegung drin“, sagt Weddig.

Wenn morgen, Donnerstag, die Wiener Ferienmesse ihre Tore öffnet, ist das für die Branche der offizielle Startschuss für die Sommersaison 2017. Rund um die Messe wagen sich die Veranstalter mit ersten zaghaften Prognosen vor. Dabei wird deutlich: Sie alle wollen nach den Krisen der vergangenen Jahre optimistisch in die Zukunft blicken und vorerst nicht an die Möglichkeit neuer geschäftsschädigender Ereignisse denken.

• Griechenland ist zurück. Bei TUI etwa konnte sich die Destination mit einem 60-prozentigen Umsatzwachstum wieder auf den Höchststand vom Sommer 2015, bevor Bilder von gestrandeten Flüchtlingsbooten die Nachfrage einbrechen ließen, katapultieren. Bei TUI macht Griechenland aktuell wieder 40Prozent der Umsätze auf der Mittelstrecke aus. Der Konzern antwortete prompt mit einer Einkaufstour auf dem Peloponnes und stockte das Hotelangebot um 1500 neue Häuser auf. Bei Mitbewerber Ruefa liegt Spanien zwar noch vorn. Doch laut Birgit Reitbauer, der Pressesprecherin der Verkehrsbüro-Gruppe, zu der neben Ruefa auch Eurotours zählt, könnte sich das bis Sommer ändern. Die bisherigen Zahlen ließen darauf schließen, dass die Bilder der Flüchtlingsroute vollständig vergessen sind. Reitbauer: „Sogar die Inseln im Osten, die vor einem Jahr tabu war, werden gebucht.“

• TUI-Managerin Weddig stellt bei den Österreichern eine höhere Bereitschaft zu kostspieligen Urlauben fest. Nachdem sie 2016 abgewartet und Geld angespart hätten, würden sie nun zu teureren Reisen – und auch sommers immer öfter zu fernen Zielen wie den USA, den Malediven oder Thailand – tendieren. Außerdem haben die notorisch spätbuchenden Österreicher vergangenen Sommer dazugelernt: Durch die enormen Verschiebungen der Reiseströme von Ost- nach Westeuropa haben Touristen etwa in Spanien – das 2016 rekordverdächtige 75 Millionen Gäste besucht haben – kein Hotelbett mehr bekommen. Dort wie auch in Kroatien könnte sich dieses Szenario heuer wiederholen, prophezeit Reitbauer.

• Die Unbekannte, die der Reisebranche aktuell größere Sorgen bereitet als die Möglichkeit neuer geopolitischer Krisen, heißt Niki. Nachdem die Fluglinie angekündigt hat, im Zuge ihrer Umstrukturierung Flüge zu streichen, müssen die Veranstalter bei den bereits aufgelegten Sommerkontingenten umdisponieren. „Wir haben in den vergangenen Wochen Alternativen gesucht und zum Großteil auch gefunden“, sagt Martin Fast, der Geschäftsführer der Rewe Touristik mit ihrer Tochter ITS Billa Reisen. AUA, Eurowings und Fluglinien aus den Zielländern würden seine Gästeströme auffangen. „Wir verhandeln an allen Ecken und Enden“, sagt auch Weddig. „Grund für einen Buchungsstopp gibt es jedenfalls noch nicht.“

• Ägypten und Tunesien erholen sich ganz zaghaft von der Serie an politischen Unruhen und Anschlägen, die ihren Tourismus seit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 niedergedrückt haben. Als „leichten Frühlingswind“ bezeichnet Fast die aktuellen Buchungszuwächse, die Rewe Touristik dort verzeichnet. Reitbauer schränkt ein: Der wenige Tourismus in Ägypten spiele sich fast ausschließlich in den abgezäunten, gefühlt sicheren Hotellandschaften ab.

• Noch trister sieht es in der Türkei aus, die durch ihre Nähe zu Bürgerkriegsland Syrien, den Konflikten mit der kurdischen Minderheit und den politischen Hardlinerkurs von Präsident Erdoğan für viele Österreicher nach wie vor als Reiseziel ausfällt. „Wir führen das auf ein Imageproblem, nicht nur auf ein Sicherheitsproblem zurück“, sagt Martin Fast, dessen Rewe Touristik 2017 alternativ vor allem auf Bulgarien und Kroatien als preisgünstige Familienreiseziele setzt. Auch Ruefa und TUI melden, dass sie ihr Umsatzminus im hohen zweistelligen Bereich aus der Vorsaison nach wie vor mittragen.

Ganz generell sind negative wie positive Trends nun im Jänner aber „mit Vorsicht zu genießen“, sagt Birgit Reitbauer und spricht damit nicht nur für Ruefa, sondern für die gesamte Branche. Das lange Hoffen auf einen Sommer ohne Krisen hat gerade erst begonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2017)

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