Arbeitsmarkt: Migranten trotz Bildung benachteiligt

(c) AP (Martin Meissner)
  • Drucken

Auch bei gleicher Ausbildung haben Zuwanderer laut OECD-Studie schlechtere Arbeitsmarktchancen. Die zweite Generation hat größere schulische Defizite als Kinder, die noch im Ausland geboren wurden.

Junge Migranten haben es auf dem Arbeitsmarkt schwer. Besonders hart ist der Berufseinstieg in Österreich für Migrantenkinder, die bereits hier geboren wurden. 16 Prozent der 20- bis 29-Jährigen aus der Gruppe der zweiten Zuwanderergeneration haben weder einen Job noch sind sie in Ausbildung. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Bei Zuwanderern, die im Ausland geboren wurden, beträgt der Anteil der Personen mit Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt 13 Prozent, bei Einheimischen sechs Prozent. Die Krise hat daran wenig Anteil, die Zahlen der Studie stammen aus dem Jahr 2007.

1. Warum sind junge Migranten häufiger ohne Job als Inländer?

Hauptgrund ist die schlechtere Ausbildung. Bei Frauen spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass sie früher Kinder bekommen. Doch das erklärt nicht alles: Hierzulande haben auch hoch qualifizierte Migranten auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen. Gleich qualifizierte Einheimische finden leichter einen Job. Bei den wenig Qualifizierten sind die Unterschiede bei den Jobchancen zwischen Einheimischen und Migranten noch am geringsten – anders als in anderen Ländern.

2. Nützt Migranten eine gute Ausbildung also gar nicht?

Sie nützt ihnen schon: je höher der Ausbildungsgrad, desto besser die Jobchancen. Doch im Vergleich zu gleich qualifizierten Einheimischen tun sich Migranten mit höherem Bildungsabschluss schwerer, einen Arbeitsplatz zu finden. Die OECD-Experten sehen einen Grund in der Erwartungshaltung des Arbeitsmarkts: Migranten in Österreich haben das Stigma der gering Qualifizierten, auch wenn das im Einzelfall dann gar nicht zutrifft.

3. Warum bekommen Migranten dieses Stigma so schwer weg?

Es mangelt an beruflichen Netzwerken. „Migranten haben meist nur eigene Netzwerke, und durch die kommen die Kinder kaum in besseren Berufen unter als die Eltern“, meint IHS-Experte Helmut Hofer. Auch wenn sie gut qualifiziert sind. Was bei den meisten aber nicht der Fall ist: Der Anteil der 20- bis 29-Jährigen ohne Matura oder Lehre ist bei Personen mit Migrationshintergrund dreimal so hoch wie bei Kindern österreichischer Eltern.

4. Haben Türken größere Probleme auf dem Arbeitsmarkt als andere?

Ja, vor allem jene der zweiten Generation: Die Beschäftigungsquote bei Männern unter 34 mit türkischen Eltern ist laut OECD um 20 Prozentpunkte niedriger als bei Einheimischen, bei Frauen beträgt der Unterschied 35 Prozentpunkte. Bei Zuwanderern, die nicht im Land geboren wurden, sieht das Bild besser aus. Hier beträgt der Unterschied bei den Männern nur elf Prozentpunkte. Das ist allerdings ein immer noch höherer Wert als bei anderen Einwanderergruppen.

5. Warum tut sich die zweite Gastarbeitergeneration schwerer?

Ihre Eltern kamen als Facharbeiter ins Land, sie selbst haben aber oft keine Ausbildung, und Hilfsarbeiter sind nicht mehr gefragt. Im Gegensatz zu ihren Eltern beherrschen sie oft weder Deutsch noch ihre Muttersprache gut. Sie erzielen laut OECD in der Schule schlechtere Ergebnisse als Kinder, die im Ausland geboren wurden. Bei Letzteren gibt es jedoch weniger mit türkischer Herkunft. Zudem gibt es zu wenige „Role-Models“, öffentlich präsente erfolgreiche Migranten.

6. Was kann die Politik tun, um bessere Integration zu ermöglichen?

Konzepte von Experten, die langfristig wirken, gibt es viele: So sollte man für frühe Integration und Spracherwerb schon im Kindergarten sorgen. Bei einer künftigen Einwanderung sollte man nicht nur Familienangehörige, sondern gezielt gut Qualifizierte ins Land holen. Bei den jungen Menschen, die jetzt keinen Job finden, helfe nur „extreme Förderung, damit sie die Basisqualifikationen erlernen, und Motivation“, meint Hofer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.