Korruptionsskandal: Samsung-Erbe droht Verhaftung

 Lee Jae-yong, Samsung-Erbe und Vizevorsitzender von Samsung Electronics, kann sich am Mittwoch vor Gericht unangenehmen Fragen nicht mehr entziehen.
Lee Jae-yong, Samsung-Erbe und Vizevorsitzender von Samsung Electronics, kann sich am Mittwoch vor Gericht unangenehmen Fragen nicht mehr entziehen.(c) AFP
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Der Generationenwechsel beim Elektronikkonzern Samsung steht unmittelbar bevor. Doch dem 48-jährigen Kronprinzen wird Bestechung vorgeworfen.

Wien. Der kommende Mittwoch wird für den Samsung-Erben und Vize-Vorsitzenden von Samsung Electronics, Lee Jae-yong, kein Tag wie jeder andere. Nachdem die südkoreanischen Sonderermittler am Montagvormittag gegen ihn einen Haftbefehl beantragt haben, muss Lee morgen den Richtern Rede und Antwort stehen.

Lee wird vorgeworfen, in den Korruptionsskandal rund um Präsidentin Park Geun-hye involviert zu sein. Gegen die 64-Jährige läuft seit Dezember 2016 ein Amtsenthebungsverfahren. Dazu hat sich das Parlament in Seoul nach wochenlangen Protesten entschieden. Nun ist der Verfassungsgerichtshof am Zug, er muss über die Absetzung von Park entscheiden. Das kann bis zu sechs Monate dauern. Bis dahin hat Regierungschef Hwang Kyo-ahn Parks Geschäfte übernommen.

34 Mio. Euro „Spenden“

Doch was hat der Samsung-Kronprinz mit all dem zu tun? Samsung Electronics habe in der Vergangenheit 43 Milliarden Won (34 Millionen Euro) an zwei Stiftungen der Vertrauten der koreanischen Präsidentin, Choi Soon-sil, fließen lassen, behauptet die Staatsanwaltschaft. Nebenbei soll der Konzern auch noch die aufwendige Reitausbildung von Chois Tochter in Deutschland finanziert haben. Choi, die sich bereits in Haft befindet und am Montag vom Verfassungsgericht einvernommen worden ist, kann an ihrem Verhalten nichts Unrechtsmäßiges entdecken. Weder habe sie Einfluss auf die Entscheidungen von Park genommen noch Samsung oder andere Konzerne gezwungen, ihre Stiftungen zu unterstützen, sagte sie.

Dass Gelder geflossen sind, streiten die Rechtsvertreter von Samsung jedoch gar nicht ab. Sie bevorzugen es allerdings, in diesem Zusammenhang von Spenden zu sprechen. Schließlich habe Samsung Electronics für seine Großzügigkeit keine Gegenleistungen erhalten, von Bestechung könne daher keine Rede sein, hieß es im offiziellen Statement.

Die Staatsanwaltschaft sieht das anders: Sie vermutet, die großzügigen „Spenden“ hätten Samsung Electronics dazu verholfen, bei einer Fusion zweier Gruppenunternehmen im Jahr 2015 die Zustimmung des staatlichen Pensionsfonds zu erhalten. Bemerkung an Rande: Auch der Vorsitzende des staatlichen Pensionsfonds ist kein freier Mann mehr. Gestern wurde bekannt, dass gegen ihn Anklage wegen Machtmissbrauchs und Falschaussage erhoben worden ist. Schließlich war er es, der 2015 – damals noch als Gesundheitsminister – dem Pensionsfonds die Weisung gegeben hat, der geplanten Samsung-Fusion zuzustimmen.

Junior in Stellung gebracht

Wäre nur alles nach Plan gelaufen, so hätte vor allem Lee Jae-yong von diesem Deal profitiert. Die gesamte Transaktion zielte nämlich darauf ab, die Stellung des 48-Jährigen in der gesamten Samsung-Gruppe zu stärken und den anstehenden Generationenwechsel zu erleichtern. Die drohende Verhaftung des Kronprinzen brächte all das nun ins Wanken.

Beim Samsung-Imperium handelt es sich um das größte Konglomerat des Landes. Diese Jaebeols, wie sie in Südkorea genannt werden, sind große Mischkonzerne in Familienhand. Sie haben traditionellerweise auch auf die Politik Südkoreas enormen Einfluss.

Der 48-jährige Lee Jae-yong repräsentiert die dritte Generation der Samsung-Dynastie. Er ist von seinem Vater, Lee Kun-hee, schon lang als Samsung-Erbe aufgebaut worden. Erst im Herbst 2016 erkor dieser ihn zum Vize von Samsung Electronics, dem Herzstück der Gruppe. Dabei hat sein Sohn schon 2014 die Führung des Unternehmens übernommen, nachdem der 75-Jährige nach einem Herzinfarkt leiser treten musste.

Übrigens hat auch Lee senior in seiner aktiven Zeit Erfahrungen mit den Strafbehörden Südkoreas gemacht. Gleich zweimal ist er wegen Steuerhinterziehung und Bestechung verurteilt worden. Doch das dürfte Lee Kun-hee nicht lang belastet haben, denn der damalige Präsident beeilte sich, ihn alsbald zu begnadigen.

Die Verhaftung von seinem Sohn käme dem Konzern dieses Mal jedoch äußerst ungelegen. Samsung kämpft immer noch mit den Nachwehen des misslungenen Galaxcy-Note-7-Modells. Das Smartphone musste, nachdem mehrere Modelle explodiert waren, nach dem Verkaufsstart in den USA gleich wieder vom Markt genommen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2017)

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