Deutsche Bahn braucht neuen Chef

Rüdiger Grubes (l.) und Ronald Pofalla.
Rüdiger Grubes (l.) und Ronald Pofalla.(c) imago/Christian Schroedter)
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Nach Rüdiger Grubes Rücktritt muss Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla wohl früher als geplant übernehmen. Das könnte Angela Merkels Wahlkampf stören.

Berlin. Eigentlich hätte sein Vertrag am Montag verlängert werden sollen. Aber dann wurde es sein letzter Arbeitstag bei der Deutschen Bahn: Vorstandschef Rüdiger Grube hat den Staatskonzern überraschend verlassen. Eine Stellungnahme wollte er vorerst nicht abgeben.
Hintergrund ist ein Streit mit dem Aufsichtsrat. Offenbar gab es eine Vereinbarung, dass Grubes Vertrag um drei Jahre verlängert wird, wenn er im Gegenzug auf eine Gehaltserhöhung und eine Abfindung im Falle eines vorzeitigen Abgangs verzichtet. Am Montag wurden ihm dann aber nur zwei Jahre angeboten. Der 65-Jährige war deshalb so verärgert, dass er mit sofortiger Wirkung zurücktrat.

Damit hatte der Aufsichtsrat, der in der Vergangenheit nie geschlossen hinter Grube gestanden war, nicht gerechnet. Von „blankem Entsetzen“ war die Rede, denn der Rückzug kommt politisch ungelegen. Im Grunde steht der Nachfolger zwar schon seit Langem fest – es handelt sich um Ronald Pofalla, seit Jahresbeginn Vorstand für Infrastruktur. Doch im Jahr der Bundestagswahl (gewählt wird am 24. September) sollte der 57-Jährige noch nicht übernehmen, sondern frühestens 2018. Kanzlerin Angela Merkel wollte der Opposition keine Angriffsfläche bieten.

Denn Pofalla war einst Generalsekretär der CDU und von Oktober 2009 bis Dezember 2013, im Kabinett Merkel II, Minister für besondere Angelegenheiten (Kanzleramtschef). Mit 1. Jänner 2015 wurde er Mitglied des Bahnvorstands, in dem er zunächst für politische Kontakte zuständig war.

„Zeitnahe“ Entscheidung

Kommissarisch übernimmt nun Finanzvorstand Richard Lutz die Geschäfte, wie der Aufsichtsrat am Montagnachmittag bekannt gab. Über Grubes Nachfolger wolle man „zeitnah“ entscheiden.

Grube hatte das Unternehmen, das weltweit 300.000 Personen beschäftigt und pro Jahr rund 40 Milliarden Euro umsetzt, seit 2009 geleitet. Mit dem Kauf der Auslandsverkehrstocher Arriva trieb er etwa die internationale Ausrichtung voran. In seiner Ära musste sich die Deutsche Bahn auch auf die Fernbusse einstellen, eine neue Konkurrenz. Bahnfahren wurde in der Folge billiger, allerdings sanken damit auch die Einnahmen. Im Jahr 2015 machte das Unternehmen sogar einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro (was vor allem an den Abschreibungen für den Schienengüterverkehr lag). Im Vorjahr stieg der Betriebsgewinn wieder auf 1,8 Millionen Euro. Doch das Unternehmen sitzt nach wie vor auf einem hohen Schuldenberg.

Die Bundesregierung hatte dem Bahn-Chef vergangenes Jahr drei Bedingungen für eine Vertragsverlängerung gestellt: ein besseres Unternehmensergebnis, pünktlichere Züge und WLAN in den ICE-Zügen. Der Abschied dürfte Grube nicht leichtgefallen sein. Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn – das war, wie er mehrmals sagte, sein Traumjob. Dafür schlug er in den vergangenen Jahren mehrere Angebote von Unternehmen aus. Im Jahr 2015 bekam Grube eine Festvergütung von 900.000 Euro. Inklusive Boni verdiente er rund 1,4 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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