Niedrigzinsen: Junge profitieren, Alte verlieren

Nationalbank-Chef Ewald Nowotny.
Nationalbank-Chef Ewald Nowotny.(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Zinsbelastung privater Haushalte sank seit 2008 um rund eine Milliarde pro Quartal, so Nationalbank-Chef Ewald Nowotny. Profiteure seien die jüngeren Kreditnehmer, während die meist älteren Sparer draufzahlten.

Wien. Während die US-Notenbank im Dezember bereits zaghaft die Zinswende eingeleitet hat, hält die EZB auch im Jahr neun nach Ausbruch der Krise an ihrer Niedrigzinspolitik fest. Eine Politik, die von Ökonomen aufgrund der Gefahr der Blasenbildung immer häufiger kritisiert wird. Zu Unrecht, wie Nationalbank-Gouverneur – und Österreichs Vertreter im EZB-Direktorium – Ewald Nowotny meint. „Die expansive Geldpolitik war erfolgreich und ist auch weiter notwendig“, so Nowotny am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Ohne die Maßnahmen der EZB wäre die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone und auch in Österreich deutlich schlechter. Daher müsse auch bei einer Konsolidierung vorsichtig vorgegangen werden. Erfolge sie zu früh, könne es zu einem Rückfall der Wirtschaft kommen. Wobei auch für Nowotny klar ist: „Wenn es zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung kommt, dann muss es auch zu einem schrittweisen Abbau der expansiven Geldpolitik kommen.“

Zinspolitik im Juni ein Thema

Bei der nächsten regulären EZB-Sitzung im März werde das Ganze aber sicherlich noch kein Thema sein, bei der übernächsten im Juni könnte es jedoch bereits eine Diskussion dazu geben, erwartet Nowotny. Wiewohl: „Konkrete Beschlüsse wird es vor dem Sommer sicher nicht geben.“

Auch bei der Bewertung der Folgen der Niedrigzinspolitik sei das Bild differenzierter, so Nowotny. Natürlich sorgen die aktuellen Nullzinsen etwa dafür, dass die Renditen der Banken deutlich gesunken sind und auch Sparer am Sparbuch eine negative Realverzinsung bekommen würden. Allerdings sei das auch schon in der Vergangenheit – bei wesentlich höheren Nominalzinsen – oft so gewesen.

So zeigen die historischen Daten, dass etwa auch in den 1970er-Jahren – als die nominelle Verzinsung auf täglich fällige Spareinlagen rund vier Prozent betragen hat – die realen Zinsen noch deutlicher im negativen Bereich waren als heute (siehe Grafik). Grund dafür war die damalige Inflation, die zeitweise etwa zehn Prozent betragen hatte. Eigentlich waren positive Realzinsen in den vergangenen 50 Jahren die Ausnahme.

Zudem müsse immer auch die zweite Seite betrachtet werden – jene der Kreditnehmer, die nun eine geringere Zinsbelastung haben. Das ist bekanntermaßen die öffentliche Hand, die sich laut Zahlen der Bundesfinanzierungsagentur seit 2009 bereits 17 Mrd. Euro an Zinsen erspart hat. Zum Vergleich: Die jüngste Steuerreform hatte ein Volumen von knapp fünf Mrd. Euro.

Daneben profitieren aber auch die Unternehmen und privaten Haushalte von den gesunkenen Zinsen. Laut Zahlen der Nationalbank ist die Zinsbelastung pro Quartal bei den Privaten von etwa 1,8 Mrd. im Herbst 2008 auf zuletzt rund 850 Mio. Euro gesunken. Bei den Unternehmen machte die Entlastung sogar 1,2 Mrd. pro Quartal aus.

Diese Zinsreduktion habe auch verteilungspolitische Effekte gehabt, so Nowotny weiter. Konkret gebe es unter dem Strich eine Umverteilung von Alt zu Jung, weil die Älteren in der Regel über höhere Sparguthaben verfügen würden und die Jüngeren eher die Kredite – etwa für den Wohnbau – aufnehmen müssten. „Das ist durchaus positiv, weil es in unserer Gesellschaft ohnehin viele Bereiche gibt, bei denen von Jung zu Alt umverteilt wird“, so Nowotny.

„Reißen uns nicht um Aufsicht“

Dass die Nationalbank durch die von der Regierung noch heuer geplante Reform der Bankenaufsicht wohl auf Kosten der FMA gestärkt wird („Die Presse“ berichtete), will Nowotny nicht kommentieren. Nur so viel: „Die Bankenaufsicht ist ein sehr aufwendiges Geschäft, um das wir uns sicherlich nicht reißen. Aber wenn die Politik es uns überträgt, dann werden wir uns darum kümmern.“ (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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