Amerika ist der größte Schuldner der Welt

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Wie wurde die Supermacht in kurzer Zeit vom Nettogläubiger zum größten Auslandsschuldner? Und wie gefährlich ist das? Eine WU-Ökonomin gibt darauf neue Antworten.

„Verrostete Fabriken, die wie Grabsteine über der Landschaft verstreut liegen“: In seiner Antrittsrede beschwor Donald Trump das Bild einer Nation, die ein „Massaker“ erlebt hat und die er nun „wiederaufbauen“ will. Die präsidiale Analyse: „Wir haben andere Länder bereichert“, während sich der eigene Reichtum „aufgelöst“ habe. Und wie lauten die Fakten? Die Amerikaner haben eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen, ihre Wirtschaft wächst regelmäßig stärker als die anderer Industriestaaten, und es herrscht nahezu Vollbeschäftigung. In einem Punkt aber teilen auch viele Ökonomen das eifrig geschürte Unbehagen: In nur wenigen Jahrzehnten wurden die USA vom Nettogläubiger zum größten Auslandsschuldner der Welt – eine Entwicklung, die sich seit der Finanzkrise sogar dramatisch beschleunigt. In dieser Hinsicht ist Amerika tatsächlich nicht mehr „great“. Kein Wunder, dass sich Forscher über dieses Ungleichgewicht den Kopf zerbrechen – auch in Österreich.

Jahr für Jahr fahren die Vereinigten Staaten ein Defizit in ihrer Leistungsbilanz ein: Sie importieren mehr als sie exportieren. Das ist nur möglich, indem sie sich im Ausland im Saldo verschulden, was die Kapitalbilanz abbildet. Über die Jahre wurde damit aus einem positiven Bestand an Auslandsvermögen ein stark negativer. Das heißt: US-Investoren besitzen viel weniger Vermögen im Ausland (Fabriken, Immobilien, Aktien oder Anleihen), als Ausländer in den USA halten. Die wichtigsten Gläubiger des größten Nettoschuldners sind China, Japan und weitere asiatische Schwellenländer. Vielfach verborgen also die Armen Geld an die Reichen. Was der ökonomischen Standardtheorie widerspricht: Eigentlich sollte Kapital in ärmere Länder fließen, die viel aufzuholen haben, weil es dort besonders rentabel ist. Und diese Länder verschulden sich, um die Aufholjagd zu beschleunigen. Warum es andersrum läuft, bleibt in einfachen Modellen ein Rätsel.
Dabei scheinen plausible Erklärungen rasch parat: Präsident Reagan erhöhte in den Achtzigerjahren die Rüstungsausgaben drastisch, um die Sowjetunion in die Knie zu zwingen. Weil er zugleich die Steuern senkte, stiegen die Staatsschulden stark. Ein Muster, das sich bei den Bush-Kriegen im Nahen Osten wiederholte.

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