Großaktionäre revoltieren gegen hohe Gehälter

(c) REUTERS (Kevin Coombs)
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Investmentfonds leisten vor allem in Großbritannien immer mehr Widerstand gegen Gehaltsexzesse von Topmanagern. Die Gründe sind gesellschaftlicher Druck und die Erkenntnis, dass die übliche Praxis den Firmen schadet.

Wien/London. Gary Cohn lässt sich seinen Abschied von Goldman Sachs wahrhaft vergolden. Der nunmehrige Chefberater von Donald Trump in Wirtschaftsfragen hat ein Anrecht auf ein Paket in Höhe von 285 Mio. Dollar. Rex Tillerson lässt sich von seinem bisherigen Arbeitgeber Exxon Mobil 180 Mio. Dollar mit auf den Weg ins US-Außenministerium geben.

Widerstand gegen solche Exzesse bei der Vergütung und Abfindung von Topmanagern war ein großes politisches Thema nach der Finanzkrise. Nun regt er sich auch immer mehr aus jener Ecke, aus der er aus Sicht von Ökonomen am besten ausgehen sollte: von den Eigentümern der Firmen selbst. Freilich weniger von Kleinaktionären, sondern von Investmentfonds mit größeren Anteilen. Das hat die „Financial Times“ in einer Artikelserie aufgezeigt.

Bereits im Vorjahr gab es eine Reihe von echten Revolten bei Hauptversammlungen, auf denen über 50 Prozent der Anteilsinhaber einen Gehaltsplan rundweg abschmetterten – bei sieben Börsen-Großkalibern in den USA und drei in England. Zurückstecken mussten etwa die Chefs von BP und von Oracle. Für heuer kündigen große Anlagegesellschaften noch viel stärkeren Druck an: Black Rock, Fidelity, Aberdeen Asset Management, Standard Life und Henderson führen den „Frühling der Aktionäre“ an. In der Vergangenheit begehrten Großaktionäre meist nur dann auf, wenn hoch dotierte Firmenchefs nicht die Leistung lieferten, die man erwartet hatte. Meist nickten sie ab, was Aufsichtsräte großzügig zugesagt hatten – aus Angst, einen Star zu verlieren. Transparenzregeln verschärften das Problem noch: Niemand wollte seinen Topmanager in der Gruppe der schlechter Bezahlten wiederfinden.

Warum nun der Wandel? In Großbritannien wächst der gesellschaftliche Druck. Großanleger sehen sich verantwortlich dafür, Exzesse zu verhindern und so den sozialen Frieden im Land zu wahren. Dazu kommen politische Vorgaben: Britische Konzerne müssen künftig das Verhältnis des Gehalts ihres Topmanagers zu dem des durchschnittlichen Mitarbeiters ausweisen. Und Aktionäre können jährlich über Topgehälter abstimmen, statt wie bisher nur alle drei Jahre. Dass sich der Wind dreht, hat aber auch mit handfesten wirtschaftlichen Gründen zu tun: Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass gewohnte Vergütungssysteme oft kontraproduktiv sind.

Gesperrte Aktien statt Boni

Im Visier stehen die „langfristigen Anreizpläne“. Vor allem sie haben zum steilen Anstieg der Managergehälter geführt: um 82 Prozent inflationsbereinigt zwischen 2003 und 2014 in den größeren britischen Börsenfirmen. Dabei war die Grundintention löblich: Sie sollten, durch später einzulösende Optionen auf Aktien, zu nachhaltigem Wirtschaften animieren.

Aber gar so langfristig sind die Systeme nicht angelegt: Die Optionen können meist schon nach drei Jahren gezogen werden. Je näher das Ende der Sperrfirst rückt, desto stärker sind die Manager verleitet, nur noch die kurzfristigen Ergebnisse in die Höhe zu treiben. Ausgaben für Forschung und Erneuerung des Kapitalstocks bleiben dabei oft auf der Strecke. Das Heil sehen Forscher und Großaktionäre nun in einer Vergütung durch „gesperrte Aktien“, die der Besitzer erst viel später zu Geld zu machen kann. Die Bandbreite der Fristen reicht von sieben Jahren bis zum Pensionsantritt. Dafür hängt das Recht auf diese Optionen oft gar nicht mehr von kurzfristigen Leistungszielen ab. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2017)

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