Es gibt ein Leben nach der europäischen Schuldenkrise

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Den einstigen Problemfällen Spanien und Irland geht es mittlerweile deutlich besser, selbst aus Griechenland kommen zaghafte positive Signale. Sorgen bereitet hingegen die Lage in Italien.

Brüssel. Das dritte Hilfsprogramm für Griechenland läuft seit bereits eineinhalb Jahren, doch immer noch ist nicht klar, wann bzw. ob das schwer überschuldete Mitglied der Eurozone (letzter Pegelstand: rund 180 Prozent des BIPs) wieder auf die Beine kommt. Seit dem Ausbruch der Schuldenkrise im Jahr 2009 ist die Wirtschaftsleistung des Landes um knapp ein Drittel geschrumpft – ein Ausmaß der Depression, der seit den 1980er-Jahren nirgendwo sonst auf der Welt beobachtet werden konnte. Einziger, wenn auch schwacher Lichtblick: Die laufenden Staatsausgaben kann Griechenland mittlerweile aus den laufenden Einnahmen decken – das Problem ist der gigantische Schuldenberg. Während Vertreter der internationalen Geldgeber demnächst wieder in Athen erwartet werden, ist nach wie vor nicht klar, ob der Internationale Währungsfonds an dem 86 Mrd. Euro schweren Hilfsprogramm teilnehmen wird – eine Frage, die spätestens im Juli beantwortet werden muss, denn dann wird eine Kreditrückzahlung von knapp sieben Mrd. Euro fällig.

Doch wie steht es um die griechische Wirtschaft abseits des ewigen Hickhacks zwischen den Griechen und ihren Geldgebern? Die EU-Kommission attestiert Athen in ihrem jüngsten, vor wenigen Tagen veröffentlichten Konjunkturbericht zaghafte Fortschritte auf dem Weg der Besserung. Nach dem Katastrophenjahr 2015, als die griechische Wirtschaft infolge des Konflikts mit den Geldgebern und des Beinahe-Ausscheidens aus der Eurozone schrumpfte, ist das BIP im abgelaufenen Jahr um 0,3 Prozent gewachsen – und für heuer wird ein Plus von sagenhaften 2,7 Prozent erwartet. Lebenszeichen aus dem Einzelhandel, der Exportbranche und dem Fremdenverkehr deuten nach Ansicht der EU-Experten darauf hin, dass die Erholung diesmal nachhaltig sein dürfte – sofern die Politik der Ökonomie nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht.

Während Griechenland weiter laboriert, geht es den einstigen Patienten Irland und Spanien deutlich besser. Beide Länder mussten von der öffentlichen Hand unterstützt werden, weil ihre Bankensektoren beinahe kollabierten. Die spanische Wirtschaft wächst seit zwei Jahren überraschend stark – plus 3,2 Prozent in den Jahren 2015 und 2016. Für das laufende Jahr wird eine Verlangsamung des Wachstumstempos auf 2,3 Prozent erwartet, und die Arbeitslosenquote, die am Höhepunkt der Krise bei rund 26 Prozent gelegen war, verringerte sich 2016 auf knapp 20 Prozent – Tendenz weiter sinkend. Sorgen bereitet den EU-Experten einzig das hartnäckige strukturelle Budgetdefizit von zuletzt 3,8 Prozent des BIPs – was zumindest momentan durch gute Wachstumszahlen kompensiert werden kann.

Irland wiederum, dessen Wachstum von zuletzt 4,3 Prozent des BIPs auf robuster Nachfrage aus dem In- und Ausland basiert, scheint definitiv über den Berg zu sein. Die Neuverschuldung des irischen Staats belief sich im abgelaufenen Jahr auf lediglich 0,9 Prozent der Wirtschaftleistung. Aufgrund der Tatsache, dass dieser positive Trend schon seit Jahren anhält, ist die irische Gesamtverschuldung zuletzt deutlich gesunken: Beliefen sich die Staatsschulden im Jahr 2013 noch auf 119,5 Prozent des BIPs, so sollen sie heuer nur noch 73,6 Prozent betragen.

Konkrete Maßnahmen gefordert

Es ist ein Trend, von dem Italien momentan nur träumen kann. Das drittgrößte Mitglied der Eurozone war bis dato zwar nicht auf Hilfsprogramme angewiesen, doch die Entwicklung bereitet den EU-Experten seit Jahren Sorgen. Das Problem ist nicht so sehr die Neuverschuldung, die unter der Drei-Prozent-Vorgabe der EU liegt, sondern ein Schuldenberg von mittlerweile 133 Prozent der Wirtschaftsleistung – nur die Griechen sind höher verschuldet. Aufgrund des moderaten Wachstums (für die kommenden zwei Jahre wird ein BIP-Plus von je rund einem Prozent prognostiziert) muss Rom Anstrengungen unternehmen, um den Schuldenstand stabil zu halten beziehungsweise im Idealfall zu reduzieren. Die EU-Kommission forderte von Rom zuletzt bis April konkrete Konsolidierungsmaßnahmen im Umfang von 0,2 Prozent des BIPs ein – sonst würde man sich dazu gezwungen sehen, ein Defizitverfahren zu eröffnen, warnte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2017)

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