Wer wird denn hudeln?

(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Der deutsche Energiekonzern Ewe nimmt sein veritables Führungsproblem gelassen.

Im deutschen Energiekonzern Ewe wird Gelassenheit groß geschrieben. Das demonstrierte der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan-Andreas Kaulvers nach der Entlassung von Vorstandschef Matthias Brückmann am Donnerstag. Mit dessen unfreiwilligem Abgang sind nunmehr gleich drei von fünf Vorstandsposten unbesetzt. Den Konzern, der 2015 7,8 Mrd. Umsatz machte und 8900 Mitarbeiter zählt, managt also nur mehr ein Duo.

Kein Grund zu Beunruhigung: „Wir schauen nun nach vorn und nehmen uns die erforderliche Zeit, die es braucht, um ein kraftvolles Vorstandsteam zusammenzustellen“, so Kaulvers. Irgendwie verständlich, dass der Aufsichtsrat nicht hudeln will. Ewe, einer der größten Energieversorger Deutschlands, war in vergangener Zeit häufig mit Peinlichkeiten in den Medien zu finden. Zuletzt hatte Ewe-Boss Brückmann mit einer eigenwilligen Zuwendung für Negativschlagzeilen gesorgt. 253.000 Euro spendete der erklärte Wladimir-Klitschko-Verehrer ohne jede Absprache an die Stiftung des früheren Box-Weltmeisters. Der Aufsichtsrat wurde über anonyme Schreiben auf den Geldfluss aufmerksam. Bruckmanns Erklärung, die Spende an das Unternehmen zurückzahlen zu wollen, rettete ihn nicht.

Am Donnerstag beschloss der Aufsichtsrat seinen Rausschmiss wegen „einer Vielzahl grober Verfehlungen“. Dem Kontrollgremium kann man nur viel Glück bei der Nachfolgersuche wünschen. Für die beiden anderen vakanten Vorstandsposten waren zwar schon Personen im Gespräch. Allerdings kommen beide aus der Netzsparte des Energiekonzerns, gegen die es Korruptionsvorwürfe gibt. Und dann besteht da bei einem der Favoriten noch der Verdacht, in seinem Unternehmen – er war bisher Vorstand einer Ewe-Tochter – hätten mehrere Manager über Jahre für Aufträge Schmiergelder gefordert und erhalten. Das macht sich nicht gut. Der Aufsichtsrat will vor ihrer Bestellung noch alles „sauber aufgeklärt“ haben.

E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2017)

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