Darum streiten China, Trump und Elon Musk

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Handys, Militärjets und Elektroautos kommen ohne Kobalt nicht aus. Aber es gibt nicht genug davon auf dem Markt, der Preis steigt rapide. Hedgefonds wittern das große Geld, horten das Metall und verschärfen so die Krise.

Wien. Ab September will Tesla-Chef Elon Musk mit der Massenfertigung seiner Elektroautos starten. Jede Woche sollen dann 5000 Model-3-Stromboliden aus der Fabrik des kalifornischen Unternehmers rollen. In zwei Wochen erzeugt Tesla dann so viele Elektroautos wie heute in Österreich unterwegs sind. Vorausgesetzt, alles geht gut – und der Milliardär hat sich rechtzeitig darum gekümmert, dass er auch alle Materialien beisammen hat. Denn die Elektroautobranche steuert auf eine Versorgungslücke zu, die den erhofften Boom kräftig bremsen könnte.

Seit Jahresbeginn tobt an den Finanzmärkten ein Dreikampf um ein Metall, das als Schlüssel für so ziemlich alle modernen Technologien gilt: Kobalt. Peking, Donald Trump und die gesamte Elektroautobranche rittern um das knappe Nebenprodukt der Kupfer-, Gold- und Nickelerzeugung. Verbaut wird Kobalt in Lithium-Ionen-Akkus, die Smartphones, Laptops und Elektroautos mit Energie versorgen, oder als sogenannte Superlegierung in der Luft- und Raumfahrt. Der mit Abstand größte Abnehmer (60 Prozent) ist heute schon die Elektroautoindustrie.

Die Grenzen des E-Auto-Booms

Experten rechnen damit, dass der erhoffte Boom der E-Autos bald an natürliche Grenzen stoßen könnte. Schon heuer dürften 900 Tonnen mehr Kobalt nachgefragt werden, als auf der Welt verfügbar sind, schätzen die Berater von CRU. Elon Musks neues Batteriewerk allein bräuchte acht Prozent der gesamten Produktion. Schon heute sorgt der Engpass für rasante Preissprünge: Seit Jahresbeginn ist der Kobaltpreis um 58 Prozent gestiegen. Ein Ende ist nicht absehbar.

Es gibt zwei Gründe, warum die Kobaltproduktion wohl nicht so bald in die Gänge kommen wird: Erstens kommen 60 Prozent der gesamten Produktion aus dem afrikanischen Kongo, wo das Material unter menschenverachtenden Bedingungen gefördert wird. Die internationale Kritik am sogenannten Blutkobalt wird zusehends lauter, die Branche rechnet daher damit, dass die Produktion hier auf mittlere Sicht sinken wird. Zweitens ist Kobalt eben nur ein Nebenprodukt für die großen Minengesellschaften. Da der Preis für die klassischen Massenware wie etwa Nickel aber derzeit zu niedrig ist, wird in vielen Minen gar nichts abgebaut.

(c) Die Presse

Peking sitzt sehr komfortabel

Diese verzwickte Situation ist auch etlichen Finanzinvestoren nicht entgangen, die nun versuchen, Profit daraus zu schlagen, berichten Analysten und Händler. Ein halbes Dutzend Hedgefonds hat demnach rund 6000 Tonnen Kobalt aufgekauft und wartet jetzt seelenruhig darauf, dass der Preis weiter nach oben klettert. Mit dem Plus von 58 Prozent seit Jahresbeginn geben sie sich nicht zufrieden. Sie wissen, dass Kobalt viel mehr wert sein kann. 2008 lag der Preis doppelt so hoch – Grund war ein Exportbann für Kobalt aus dem Kongo.

Für die drei „echten“ Kontrahenten wird das Rennen um das begehrte Metall damit teurer und teurer. Die besten Karten hat China. Peking kämpft mit einem massiven Ausbau von Ökostromkraftwerken und Elektroautos gegen die chronisch schlechte Umweltqualität im Land an, was die Nachfrage nach dem Rohstoff stark steigern wird. Doch China kann relativ entspannt bleiben. Im Kongo hat Peking erst kürzlich den weltgrößten Kobaltproduzenten übernommen. In Summe kontrolliert die Volksrepublik rund die Hälfte der gesamten Weltproduktion.

Das ist ein Komfort, auf den der neu gewählte amerikanische Präsident, Donald Trump, verzichten muss. Sein Land hat wenig Reserven, dafür einen umso größeren Hunger nach dem Metall. Anders als in China verwenden die USA Kobalt nicht vorrangig für saubere Mobilität, sondern für moderne Militärtechnik. Ein Fünftel der weltweiten Kobaltproduktion wird als sogenannte Superlegierung etwa für den Bau von Kampfjets verwendet. Weitet Trump die Militärausgaben seines Landes nur annähernd so stark aus wie angekündigt, könnte es mit dem Material dafür eng werden. Die USA haben keine nennenswerte eigene Produktion, sondern importieren den Rohstoff aus China, Finnland, Norwegen oder Japan. Der Logistikarm des Verteidigungsministeriums hortet zwar Kobalt, doch Experten der Finanzagentur Bloomberg gehen davon aus, dass diese Vorräte weitgehend erschöpft sind.

Egal, wer letztlich das Rennen um das knappe Kobalt machen wird, die Hedgefonds, die auf Tonnen des Metalls sitzen, werden wohl die wahren Gewinner sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2017)

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