Die fleißigen Banker von Cayman

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Eine Auswertung der NGO Oxfam zeigt, dass es bei großen EU-Banken eine Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen geben dürfte. Allerdings hat die Studie auch methodische Schwächen.

Wien. Es ist selten, dass von einer NGO wie Oxfam Lob für die Politik kommt. Doch diesmal wird die EU von der Organisation, die eine „gerechtere globale Ressourcenverteilung“ als ihr Ziel angibt und dabei Politik und Wirtschaft meist kritisch gegenübersteht, ausdrücklich lobend erwähnt. Grund dafür ist, dass die EU Banken und Finanzinstitute dazu verpflichtet hat, ihre Gewinne sowie die dazugehörenden Steuerabgaben nach Land einzeln aufzuschlüsseln (country-by-country-reporting) und diese Daten auch zu veröffentlichen.

Aufgrund dieser Berichte hat Oxfam nun eine Auswertung über die 20 größten Banken der EU gemacht – und kommt dabei zu Ergebnissen, die auf eine relativ starke Verschiebung von Gewinnen in Richtung Steueroasen schließen lassen. So fällt mit 25 Mrd. Euro ein Viertel aller 2015 erzielten Gewinne in Ländern an, die Oxfam als Steueroasen qualifiziert. Dies, obwohl nur zwölf Prozent der Umsätze in diesen Ländern erzielt werden und lediglich sieben Prozent der Beschäftigten dort tätig sind.

Natürlich kann es sein, dass besonders gewinnbringende Banktätigkeiten – etwa im Investmentbanking – wirklich in Ländern stattfinden, die eben auch über niedrige Gewinnsteuern verfügen. So sind mit Singapur oder Hongkong auch Länder beziehungsweise steuerlich eigenständige Jurisdiktionen dabei, die in der Finanzwirtschaft hohe Bedeutung haben.

Hundertmal so produktiv

Dennoch zeigt ein auf Gewinn pro Mitarbeiter heruntergebrochener Vergleich eine außerordentliche Schieflage zugunsten bekannter Steueroasen. So erwirtschaftet ein durchschnittlicher Mitarbeiter einer der Top-20-Banken auf den Cayman Islands einen jährlichen Gewinn von fast 6,3 Mio. Euro. Ein Mitarbeiter in Luxemburg liegt mit 454.000 Euro bei weniger als einem Zehntel davon. Und der globale Durchschnitt ist mit 45.000 Euro Gewinn je Mitarbeiter weniger als ein Prozent des Ergebnisses auf den Cayman Islands (siehe Grafik). Selbst wenn die Banker auf den Caymans also besonders talentiert und besonders fleißig sind, lässt sich diese Diskrepanz wohl nur durch eine steueroptimierende Gewinnverschiebung erklären.

Es muss aber gar nicht die Karibik sein, damit die von den Banken ausgewiesenen Gewinne Auffälligkeiten zeigen. So vermeldeten die 20 größten EU-Banken in Luxemburg einen Gewinn von 4,9 Mrd. Euro. Laut Studienautoren mehr als in Großbritannien, Deutschland und Schweden zusammen.

Neben diesen durchaus eindeutigen Indizien für großflächige Gewinnverschiebungen – die durch das country-by-country-reporting ja auch aufgedeckt werden sollen – enthält die Studie allerdings auch einige methodische Schwächen beziehungsweise richtige Fehler. So dürfte die meisten Österreicher überraschen, dass Österreich ebenfalls als Steueroase angegeben wird. Dies, obwohl im betreffenden Jahr 2015 von großen Banken neben der Körperschaftsteuer auch die Bankenabgabe zu zahlen war, die in Relation etwa zehnmal so hoch wie jene in Deutschland war.

Konkret seien von den Top-20-Banken hierzulande Gewinne in Höhe von 543 Mio. Euro angegeben worden, so die Studie. Teil dieser Top-20-Banken ist auch die italienische Bank-Austria-Mutter, Unicredit. Und ein Blick in die Bank-Austria-Bilanz des Jahres 2015 zeigt, dass die Bank damals im Inland fast 400 Mio. Euro operativen Gewinn erzielte und zusätzliche Erlöse aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen erzielte. Die von Oxfam angegebenen Gewinne dürften also großteils das Bank-Austria-Ergebnis gewesen sein.

Österreich wird noch an einer zweiten Stelle des Berichts genannt. So wird die heimische Tochter der spanischen Banco Santander als Beispiel genannt, bei dem trotz Gewinnen keine Steuer bezahlt wurde. Santander Österreich habe 43 Mio. Gewinn erzielt, aber null Steuern gezahlt, so Oxfam. Das sei nicht richtig, heißt es bei Santander dazu auf Anfrage der „Presse“. Man habe zwar 43 Mio. Euro Gewinn gehabt, im September 2016 sei dafür jedoch auch die Steuer in Höhe von 10,8 Mio. Euro an die Finanz überwiesen worden. Auf diesen Fehler angesprochen, heißt es bei Oxfam: „Das ist Teil unserer Kritik am bisherigen country-by-country-reporting. Es ist nicht immer klar, für welche Jahre Steuerzahlungen angegeben werden.“

Fehlinterpretation?

Neben Banken wird country-by-country-reporting in Zukunft auch für andere Unternehmen verpflichtend, wenn sie über 750 Mio. Euro Gewinn erzielen. Die EU-Kommission wollte auch hier eine Pflicht zur Veröffentlichung. Oxfam unterstützt diese Forderung. Einige Mitgliedsländer sind allerdings skeptisch, darunter auch Österreich. Der Grund: Die publizierten Daten könnten in der Öffentlichkeit falsch interpretiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2017)

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