Ferdinand Piëch, einst uneingeschränkter Herrscher in Wolfsburg, verkauft den Großteil seiner Beteiligungen. Es ist der vorläufige Schlusspunkt einer Entfremdung - auch von Teilen der eigenen Familie.
Berlin. Das Zerwürfnis mit seinem alten Imperium und mit einem Teil der Familie hat es schon lange gegeben. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit hatten die Porsches und Piëchs ihre Machtkämpfe ausgetragen. Doch gestern nun wurde dieser Bruch auch ganz offiziell vollzogen: Genau zwei Wochen vor seinem 80. Geburtstag verkauft Ferdinand Piëch den Großteil seiner Anteile an VW-Großaktionär Porsche SE, dem eigentlichen Machtzentrum von VW. Denn die Porsche-Familienholding hält 52,2 Prozent der Anteile am Volkswagen-Konzern. Ein letzter Rückzug.
Piëch hatte über Privatstiftungen knapp 15 Prozent der Stammaktien im Wert von 1,2 Milliarden an Porsche SE gehalten. Nun hat er den größten Teil an Familienmitglieder verkauft, wie die Holding gestern mitteilte. Ein kleines Stück behält sich Piëch, der übrigens vorerst weiter im Porsche-Aufsichtsrat sitzen will, bis Behörden den Deal abgesegnet haben. Es ist der Schlusspunkt einer Entfremdung: Piëch, der gebürtige Wiener und ältester Enkel des „Käfer“-Erfinders Ferdinand Porsche, steigt 1993 zum VW-Chef auf. Und er wird dessen uneingeschränkter Lenker. Vor allem auch, weil er vor Ehrgeiz strotzt und etwas von Autos versteht: „Er hat mehr Benzin im Blut als die meisten seiner Kollegen“, schreibt die „Zeit“ 1992 in einem Porträt. Unter seiner Ägide, ab 2002 als Aufsichtsratschef, erlebt der Konzern einen rasanten Höhenflug.
Im April 2015 kommt der Bruch. In einem Interview sagt er den Satz, der seine Ära beenden wird: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Statt Konzernchef Winterkorn muss der alte Patriarch gehen. Zu seinen Gegnern zählte in diesen Tagen auch Wolfgang Porsche, sein Cousin. Wobei Winterkorn selbst schon ein paar Monate später Geschichte ist – wegen der Abgasaffäre, in der Piëch Berichten zufolge nun auch mehrere andere Aufsichtsräte belastet haben soll.
Nach Piëchs Rückzug sind neue Machtkämpfe der Clans nicht ausgeschlossen. Es könnte schmutzig werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2017)