230 Polizisten haben mehrere Standorte von Mercedes durchsucht. Es geht um angebliche Manipulationen bei Dieselabgasen.
Wien/Stuttgart. Vergangene Woche war Mercedes noch ein Beweis dafür, dass der Diesel sauber sein kann und trotz der aktuellen Debatten und der Kritik eine Chance hat: An der TU Wien erhielt die Firma den Porsche-Preis für ihren innovativen Dieselmotor in der E-Klasse, der die Stickstoff-Emissionen wirkungsvoll reduziert.
Doch jetzt hat die Vergangenheit Mercedes eingeholt: Ein Großaufgebot an Ermittlern durchsuchte am Dienstag mehrere Daimler-Standorte in verschiedenen deutschen Bundesländern. Hintergrund der Razzien ist der Verdacht auf Manipulation bei den Dieselabgasen.
Im Rahmen der Ermittlungen waren 23 Staatsanwälte und 230 Polizisten aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern im Einsatz, wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitteilten. Insgesamt seien elf Objekte in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen durchsucht worden. Es ging dabei um „beweiserhebliche Unterlagen und Datenträger“.
Der Autobauer teilte mit, man kooperiere vollumfänglich mit den Behörden. Weitere Angaben wollte die Firma mit Blick auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht machen.
Bereits im März waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt geworden. Sie richten sich gegen „bekannte und unbekannte Mitarbeiter der Daimler AG wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit möglicher Manipulation der Abgasnachbehandlung bei Diesel Pkw“.
Die Frage möglicher Manipulationen bei Abgaswerten beschäftigt Daimler seit längerem. Der Stuttgarter Autobauer betont, sich bei der Abgasnachbereitung in Dieselfahrzeugen an geltendes Recht zu halten. Streitpunkt ist ein sogenanntes „Thermofenster“, das in bestimmten Temperaturbereichen die Abgasnachbereitung herunterregelt. Laut der Argumentation der Hersteller wird das genutzt, um Bauteile im Motor zu schützen. Daimler hatte sich wie andere Hersteller auch mit dem deutschen Kraftfahrtbundesamt darauf geeinigt, 247.000 Fahrzeuge freiwillig zurückzurufen, um die Technik anzupassen.
Neben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft beschäftigt sich auch die US-Justiz mit Mercedes und seiner Abgasnachbehandlung. In den Vereinigten Staaten muss man sich bereits mit mehreren Sammelklagen befassen.
Auf die Aktie des Stuttgarter Autobauers hatten die Razzien kaum Auswirkungen: Sie lag nicht einmal ein Prozent im Minus. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2017)