Porsche-Auftrag wackelt: Rückschlag für Magna

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Porsche(c) EPA (PETER STEFFEN)
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Porsche zieht den Auftrag für den Bau des Porsche Boxster an Magna Steyr in Graz zurück. Nun verliert Magna Steyr in Graz den wichtigen Auftrag für die Produktion der Porsche-Modelle Boxster und Caymann ab 2012.

Wien (jaz).Dieser November ist kein guter Monat für den austrokanadischen Autozulieferer Magna. Vor genau drei Wochen sagte General Motors (GM) überraschend den bereits fix und fertig ausverhandelten Verkauf von Opel an Magna ab. Nun verliert Magna Steyr in Graz auch noch den wichtigen Auftrag für die Produktion der Porsche-Modelle Boxster und Caymann ab 2012. Das geht aus übereinstimmenden Berichten von „Stuttgarter Zeitung“ und „Wirtschaftsblatt“ hervor. Entsprechende Gerüchte gibt es bereits seit dem Spätsommer, die „Presse“ berichtete mehrmals.

Offiziell halten sich die beiden Unternehmen mit Kommentaren zu der Angelegenheit noch zurück. Bestätigt wird lediglich, dass es Verhandlungen über den Ausstieg von Porsche aus dem Vertrag gibt. Doch bereits vor zwei Wochen hatte Ferdinand Piëch, Aufsichtsratschef des Autokonzerns VW, zu dem Porsche seit Kurzem gehört, Magna-Chef Siegfried Wolf am Rand einer Veranstaltung darauf angesprochen. Angesichts von Überkapazitäten bei VW und Porsche sei es „ein legitimer Wunsch, über die Rücknahme des Auftrags zu diskutieren“, sagte Wolf kurz danach in einem Interview. Die Fertigung des Boxster in Graz sei von Anfang an nur ein „Spitzenabdeckungsprogramm“ gewesen.

Ganz so schmerzlos ist der Verlust des Auftrags für Magna Steyr aber nicht. So laufen ab 2010 wichtige Aufträge wie jener des BMW X3 – der für rund die Hälfte der gesamten Produktion in Graz verantwortlich war – bei dem Auftragsfertiger aus. Die entstehende Lücke muss mühsam gefüllt werden. Dies ist aufgrund der globalen Überkapazitäten nicht einfach. Immer mehr Autohersteller wollen gar keine Aufträge mehr an externe Fertiger wie Magna vergeben. So kündigte Fiat-Chef Sergio Marcchionne Anfang Oktober an, dass die Fiat-Tochter Chrysler keine neuen Aufträge mehr an Magna vergeben wird.

Bislang hatte Magna Steyr vier neue Aufträge für die kommenden Jahre in der Tasche. So soll künftig ein Geländewagen auf Basis des Mini mit einer jährlichen Stückzahl von 60.000 Einheiten sowie das Sportcoupé Peugeot 308 RC Z (20.000) in Graz gebaut werden. Bereits in Produktion befindet sich der Aston Martin Rapide. Dieser bringt zwar großes Renommee, aber nur geringe Stückzahlen. Der vierte Auftrag war jener des neuen Porsche Boxster/Caymann. Dieser hätte ab 2012 ebenfalls rund 20.000-mal pro Jahr gebaut werden sollen. Zur Zeit wird dieses Modell bei Magna-Konkurrent Valmet in Finnland gebaut.

Allerdings sind sämtliche Stückzahlen nur Schätzungen, die von der aktuellen wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg des Modells auf dem Markt abhängen. So produzierte Magna Steyr aufgrund der Krise im ersten Halbjahr 2009 nur 26.000 Autos. Im Rekordjahr 2006 waren es rund fünfmal so viele. Der Hauptgrund für die damaligen Traumzahlen war, dass man sich beim BMW X3 verschätzt hatte. So wurde für den bayerischen SUV ursprünglich eine Produktion von 70.000 Stück pro Jahr erwartet – gebaut wurden aufgrund der großen Nachfrage aber bis zu 110.000 Autos pro Jahr.

Weiterer Jobabbau droht

Entsprechend schwierig sind auch die Auswirkungen auf den Mitarbeiterstand in Graz vorherzusagen. Zur Zeit arbeiten rund 5000 Menschen bei Magna Steyr, davon etwas weniger als 4000 in der Produktion. Der Rest sind Ingenieure in der Entwicklung und die Verwaltung. Im Rekordjahr 2006 waren noch über 9000 Mitarbeiter in den ehemaligen Puchwerken angestellt. Sollte es zu keinen zusätzlichen Aufträgen kommen, dürfte ein weiterer Jobabbau unvermeidlich sein. Relativ wahrscheinlich ist zumindest, dass das Engineering-Zentrum von Magna Steyr die bereits knapp zweijährige Entwicklung des Boxster zusammen mit Porsche noch zu Ende führt.

Profiteur der Entscheidung von Porsche ist der Auftragsfertiger Karmann im niedersächsischen Osnabrück. Karmann hatte sich bereits ursprünglich für den Boxster-Auftrag beworben, aber gegen Magna verloren. Inzwischen ging das Unternehmen pleite und wurde am vergangenen Freitag – aufgrund von politischem Druck – von VW übernommen. Der Autokonzern will Karmann restrukturieren und künftig als zusätzliches Werk für Modelle der verschiedenen Konzernmarken nutzen. Neben dem Golf-Cabrio soll dies eben auch der Porsche Boxster sein.

Pikantes Detail am Rand: Karmann musste schlussendlich zusperren, da das Unternehmen einen wichtigen Auftrag nicht erhielt – jenen des Minigeländewagens. Dessen Produktion läuft im kommenden Frühjahr in Graz an.

AUF EINEN BLICK

Der neue Porsche Boxster, der ab 2012 gebaut werden soll, wird doch nicht bei Magna Steyr in Graz von den Bändern rollen. Porsche verhandelt zurzeit über die Auflösung der Verträge. Grund ist, dass die Porsche-Mutter VW vergangene Woche den Magna-Steyr-Konkurrenten Karmann übernahm und nun eigene Kapazitäten füllen möchte. Für Magna Steyr ist das ein herber Schlag. Der Boxster sollte ein Fünftel der künftigen Produktion ausmachen. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2009)

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