Studie: Österreicher haben keinen Grund zum Jammern

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Einkaufszentrum Pasing Arkaden in M�nchen mit bunt illuminierter Halle und Rolltreppe mit Kunden Ba(c) imago/Ralph Peters (imago stock&people)
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Den Österreichern geht es laut dem internationalen BCG-Ranking blendend - vor allem weil die Einkommensschere weit weniger aufklafft als in den kaufkräftigeren USA. Beim Thema Umwelt und der Gleichstellung von Mann und Frau gibt es Aufholbedarf.

Auch wenn das subjektive Empfinden ein anderes sein mag und den Österreichern oft ein Hang zum Jammern nachgesagt wird: Gemessen an objektivierten Kriterien ist das Wohlergehen der Österreicher ausgezeichnet. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hat 44 Indikatoren ausgewählt, um in 162 Ländern zu vergleichen, wie gut es den Menschen geht. Österreich kommt im aktuellen Bericht auf Rang vier. 2016 belegte es den fünften Platz.

Die Top-Platzierung zeigt laut BCG Partner Hannes Pichler: "Da sind 50 Jahre verdammt harte Arbeit dahinter. Das ist nicht einfach geschehen, das ist im Land erarbeitet". Und er betont: "Um das Niveau zu halten, bedarf es ganz sicher weiterer Anstrengungen".

Der "Sustainable Economic Development Assessment" (SEDA) Index der Boston Consulting Group koppelt sich an das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Länder - aber nicht nur. Entscheidend ist auch, wie es den Wohlstand verteilen kann. "Österreich versteht es in besonderer Weise, die starke Wirtschaftsleistung auch in Wohlergehen für die Bevölkerung umzuwandeln", sagt Pichler. Österreich habe nicht nur - wohl seit dem Marshall-Plan - hohes Wachstum erzielt, sondern es auch geschafft, dieses Wachstum "auf breitere Schultern zu verteilen".

Wo es den Menschen am besten geht
Wo es den Menschen am besten geht(c) APA

"Reichere" USA liegen hinter Österreich

Die USA etwa, die pro Kopf in Kaufkraft gemessen "reicher" sind, kommen in dem Index nur auf Rang 17. Das hat einen klaren Grund: "Das Ergebnis ist eindeutig: Wo die Schere bei den Einkommen stark auseinanderklafft, gelingt es auch schlechter, den vorhandenen Wohlstand in entsprechende Lebensqualität umzuwandeln", so Pichler. Weitere wichtige Faktoren sind die Einbindung der Zivilgesellschaft und gute Verwaltung.

Das müsse die Politik bedenken, wenn sie Wirtschaftswachstum anstrebt, um den Menschen Wohlstand zu bringen. In einigen, auch großen Ländern sei die Einkommensungleichheit gestiegen und große Teile der Bevölkerung sind enttäuscht, dass sich ihre Hoffnung auf einen steigenden Lebensstandard nicht erfüllt hat. Das könne dazu führen, dass sich Länder vom Welthandel zurückziehen, obwohl gerade dieser die treibende Kraft für mehr Wohlstand war und ist, heißt es in der BCG-Studie.

Probleme im Gesundheitssektor nicht abgebildet

In Österreich ist unter anderem die Gesundheitsvorsorge, gemessen an Ärzten pro Einwohner, "extrem positiv". Eine Entwicklung in Richtung Zwei-Klassen-Medizin könnte man an diesem Indikator allerdings nicht ablesen, schränkt Pichler ein. Auch zu komplizierte Strukturen der Krankenkassen bilden sich hier nicht ab. Vielleicht überraschend für manche Österreicher: Im Sektor Umwelt kommt Österreich nicht ganz so gut weg. Weniger überraschend, weil auch in vielen anderen Indikatoren abgebildet: Österreich verliert Punkte, weil es bei der Gleichstellung von Frauen und Männern nachhinkt.

Wohlergehen ist nach Kontinenten verteilt, zeigt die Studie deutlich. Afrika liegt abgeschlagen zurück. Da müsse man auf viele Faktoren schauen, auf Investitionen in Bildung und Gesundheit, auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch darauf, dass der Kontinent zersplittert ist. Wer in Afrika reisen will, brauche zahlreiche Visa, Waren in Afrika zu handeln sei "unglaublich komplex" - auch für Afrikaner, nicht etwa nur für Europäer, so Pichler. Dazu komme die unglaubliche Ungleichheit, wo Reichtum in wenigen Händen konzentriert ist.

Westeuropa dominiert den Index

Der SEDA-Index wird von westeuropäischen Staaten angeführt. Vor Österreich haben sich Norwegen - wie 2016 auf Platz 1 -, die Schweiz und die Niederlande platziert. Mit Ausnahme der Sonderverwaltungszone Hongkong, die in diesem Vergleich mit geführt wird, sind nur westeuropäische Staaten unter den Top-10.

Der SEDA-Index wird von BCG seit 2012 erstellt. Er misst den Stand und die Entwicklung von zuletzt 162 Staaten - inklusive der Sonderwirtschaftszone Hongkong - nach 44 Einzelfaktoren, aufgeteilt auf die Kriterien Wirtschaft, Investition und Nachhaltigkeit. Angesichts der sehr grundlegenden Indikatoren verändert sich die Position einzelner Länder nur sehr langsam. Wobei der SEDA-Indikator unterscheidet, wie weit der bisherige Bestand an Reichtum zum Wohlergehen beiträgt und wie weit das aktuelle Wachstum so umgesetzt werden kann, dass es den Menschen besser geht. Österreich ist in beiden Kategorien überdurchschnittlich und konnte sich daher vom ohnehin schon hohen Niveau noch verbessern.

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