Wer geht noch zum Würstelstand?

Ein Registrierkassenzettel für Bier und Wurst? Davor machten viele Besitzer ihren Würstelstand zu.
Ein Registrierkassenzettel für Bier und Wurst? Davor machten viele Besitzer ihren Würstelstand zu.(c) GEORG HOCHMUTH / APA
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Essen. Überraschend viele Imbisse sperren laut einer Branchenanalyse zu. Die Übrigen nennen den Grund: die Registrierkasse. Zustelldienste rauben dem Gang zum Standler zusätzlich den Reiz.

Wien. Als Würstelstandbetreiber hat man 2016 rund 200.000 Euro eingenommen. Das war auch in den Jahren davor nicht anders. Das Geschäft läuft solide. Trotzdem fuhren rund sechs Prozent der traditionellen Imbisse wie auch der Asia- und Dönerstände in Österreich 2016 ihren Rollbalken vollständig herunter. Das zeigt der aktuelle Branchenradar des Consultingunternehmens Kreutzer, Fischer & Partner.

Die Fastfood-Branche steht unter Druck. Das Geschäft mit dem schnellen Essen gab erstmals seit Beginn der Erhebungen 2007 insgesamt leicht auf 1,1 Mrd. Euro nach. Was war passiert?

Studienautor Andreas Kreutzer macht zwei Trends aus. Der eine ist schnell erklärt, wenn man die übrig geblieben Standbetreiber fragt: „Sie nehmen alle an, dass das nur mit der Registrierkassenpflicht zusammenhängen kann“, sagt Kreutzer nach Gesprächen vor Ort. Wenn der Umsatz nach Inkrafttreten der Registrierkassenpflicht und des bis Ende März nachträglich einzurichtenden direkten Drahts zum Finanzamt – Stichwort Manipulationsschutz – plötzlich 40 Prozent über dem der Vorjahre liegt, macht das keinen schlanken Fuß. Die Vermutung liege nahe, dass viele den unweigerlichen Nachprüfungen entgehen wollten, sagt Kreutzer. Der Lokalaugenschein habe gezeigt, dass einige unter anderem Namen mit einem veränderten Konzept neu aufgesperrt hatten – „dann ist der höhere Erlös wieder vertretbar“.

WKO spürt keinen Schwund

Mario Pulker, Gastronomieobmann in der Wirtschaftkammer, kann das Ergebnis des Branchenradars nicht nachvollziehen. In der Mitgliederstatistik seien in etwa so viele Stände wie im Vorjahr gemeldet. Schließungen könne man nicht ablesen, da sich die Zuordnung bei vielen verschoben habe. Es stimme aber, dass die 60.000 Gasthäuser in der Kammer vor zehn Jahren ein Drittel mehr Kollegen hatten. Wenn die Registrierkasse der Grund zum Aufhören ist, müsse man differenzieren: „Haben sie sich das Kassensystem für 5000 Euro nicht leisten können, ist das tragisch. Können sie nur mehr schwarz Gewinn machen, haben wir wenig Verständnis.“ Genauso wenig Verständnis habe man aber für die „Begleitmusik“ gehabt, die bei der Gesetzesänderung spielte, sagt Pulker. In der Branche seien nicht „sowieso alle Gauner“. Dass die Registrierkassenpflicht 2016 300 Mio. Euro statt der erhofften 900 Mio. Euro eingebracht hatte, sei der Gegenbeweis.

Laut der Analyse von Kreutzer, Fischer & Partner kam der traditionelle Wiener Würstelstand aber lange vor der Diskussion rund um die Kasse Mitte der 2000er unter Druck. Alleine von 2013 auf 2016 ist die Zahl der Betriebe von rund 880 auf 750 gesunken. Lange wurde der Rückgang von den türkischen und asiatischen Ständen überdeckt, die in die freien Flächen zogen. Aber auch ihnen geht es nicht mehr gut: Nicht nur die Zahl sank 2016, auch die Gesamtumsätze mit Döner und Nudeln brachen laut der Analyse um acht Prozent ein. Dafür macht Andreas Kreutzer den jungen Mitbewerb von Lieferdiensten wie Foodora, Mjam und Lieferservice verantwortlich. Der Umsatz mit zugestelltem oder fertig abgeholtem Essen legte 2016 kräftig um fünfzig Prozent auf 930 Mio. Euro zu. Die Expansion der Lieferplattformen trifft aber nicht nur die kleinen Imbissbudenbetreiber, sondern auch die großen Fastfoodketten wie McDonalds und Burger King.

„Kundschaft wird abgegraben“

Die Umsätze in der Systemgastronomie steigen konstant, aber viel bedächtiger – zuletzt auf 843 Mio. Euro. Die Musik spielt woanders. „Sie haben übersehen, dass ihre Kundschaft von den Lieferdiensten abgegraben wird“, diagnostiziert Kreutzer. Die Frischeoffensive von Marktführer McDonalds, der seit vergangenem Jahr nur noch Burger auf Bestellung produziert und dafür längere Wartenzeiten in Kauf nimmt, sei die falsche Reaktion.

Dort nimmt man die Kritik locker. Aktuell arbeite man mit dem Lieferservice Mjam im Großteil von Wien im Testbetrieb zusammen und sei „sehr happy“ mit der Partnerschaft. Alles weitere werde sich nach Testende zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2017)

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