Trump und Brexit schaden der angelsächsischen Sphäre, so der Währungsfonds. Statt der USA haben China und Europa den Job der globalen Konjunkturlokomotive übernommen.
Wien/Washington. Der Internationale Währungsfonds sieht in seiner aktuellsten Prognose eine schrumpfende Rolle der USA als Lokomotive der Weltwirtschaft – und eine Aufwertung der Bedeutung von China, Europa und Japan. Auch Großbritannien fällt in seiner Bedeutung zurück.
Als Gründe für die relative Schwäche der angelsächsischen Länder nennen die IWF-Experten die Probleme der Trump-Regierung in Washington sowie die Turbulenzen rund um den Brexit. Der Dollar ist gegenüber dem Euro und anderen Währungen in der vergangenen Woche auf ein 14-Monats-Tief gefallen. Unterm Strich gibt der Währungsfonds sich aber dennoch optimistisch, was die globale Entwicklung der Wirtschaft betrifft. Für heuer wird ein Wachstum von 3,5 Prozent erwartet. Im kommenden Jahr sollen es 3,6 Prozent sein. 2016 waren es nur 3,2 Prozent.
Gute Zahlen aus Europa
„Es gibt inzwischen kein Fragezeichen mehr, dass die Weltwirtschaft mehr Schwung aufgenommen hat“, sagte IWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld. Für die Eurozone wurde die Prognose sogar um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert: Diese soll heuer um 1,9 Prozent wachsen. Konkret sieht der IWF verbessertes Wachstum in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.
China soll heuer um 6,7 Prozent wachsen. Das US-Wachstum dagegen veranschlagt der IWF nur noch auf jeweils 2,1 Prozent für dieses und das kommende Jahr, was eine Korrektur nach unten um 0,2 Punkte für 2017 und 0,4 Punkte für 2018 bedeutet.
Großbritannien, das mit der EU derzeit seinen Austritt aus der Union verhandelt, wird nach IWF-Analysen in diesem Jahr mit 1,7 Prozent um 0,3 Punkte weniger wachsen als noch im April erwartet. Für 2018 bleibt der Fonds bei einer Wachstumsschätzung für die Briten von 1,5 Prozent. Die eingetrübten Aussichten für die USA sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die ambitionierten Wirtschaftspläne der Trump-Regierung derzeit nicht realistisch wirken.
So erwartet der Fonds aktuell keine großen fiskalen Stimuli durch zusätzliche Infrastrukturinvestments. Auch die vom US-Präsidenten versprochenen Steuersenkungen halten die IWF-Experten inzwischen für unrealistisch. Insgesamt ist das weltwirtschaftliche Wachstum nach Darstellung von IWF-Chefvolkswirt Obstfeld so breit wie noch nie im vergangenen Jahrzehnt. Auch der globale Handel ziehe an. Es gebe aber auch Unsicherheiten und Risken. Für den Euroraum gebe es die Chance, dass das Wachstum sogar noch etwas kräftiger ausfallen könnte, sollten die politischen Risken abnehmen.
Brexit als Problem
Der Brexit wird vom Fonds in erster Linie als Problem Großbritanniens interpretiert. Die Daten haben sich seit der EU-Austrittsentscheidung nicht so gut entwickelt wie erwartet, so der IWF. Die Wachstumsprognose wurde um ganze 0,3 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent gesenkt. Das bedeutet, dass die Eurozone Großbritannien schon heuer beim Wachstum überholen könnte.
Die britische Regierung will sich jetzt noch stärker auf die transatlantische Kooperation mit Washington konzentrieren und gleichzeitig einen „möglichst guten Deal“ mit Brüssel aushandeln, hieß aus London: „Unsere Wirtschaft ist fundamental stark.“
Insgesamt ist das weltwirtschaftliche Wachstum nach Darstellung von IWF-Chefvolkswirt Obstfeld so breit wie noch nie im vergangenen Jahrzehnt. Auch der globale Handel ziehe an. Es gebe aber auch Unsicherheiten und Risken. Für den Euroraum gebe es die Chance, dass das Wachstum sogar noch etwas kräftiger ausfallen könnte, wenn die politischen Risken abnähmen. Andererseits bringe die heraufziehende Kurswende in der Geldpolitik großer westlicher Zentralbanken für viele Schwellen- und Entwicklungsländer Gefahren mit sich. Chinas hohe Kreditfinanzierung berge Stabilitätsgefahren. Auch ein wachsender Protektionismus könnte Probleme bringen. (jil/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2017)