Frankreich: Arbeitsmarktreform lässt Macrons Beliebtheit sinken

Setzt Macron die Arbeitsmarktreform um, hat er einen großen Schritt getan.
Setzt Macron die Arbeitsmarktreform um, hat er einen großen Schritt getan.(c) REUTERS
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Macrons Arbeitsmarktreform soll Ende September in Kraft treten. Eines seiner Wahlversprechen wäre damit eingelöst.

Wien. Emmanuel Macron ist im Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten, Frankreichs Wirtschaft umfassend zu reformieren, um sie wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Und der französische Staatschef ließ in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft keinen Zweifel daran, dass er seinen Worten Taten folgen lassen wird.

Der Realisierung seiner großen Arbeitsmarktreform ist er diese Woche schon einen großen Schritt näher gekommen: Das Parlament stimmte einem Gesetz zu, das festlegt, dass Macron seine Pläne mittels Verordnung umsetzen kann. Unmittelbar danach gab auch der Senat als zweite Parlamentskammer mit 225 Ja-Stimmen gegen 109 Nein-Stimmen sein Placet. Damit hat die Volksvertretung Macron quasi die Vollmacht gegeben, die Details der Reform festzulegen, ohne dabei noch mitreden zu können. Die genauen Inhalte der Verordnung soll der Staatspräsident den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden schon am 21. August bekannt geben. Am 26. September soll die Verordnung in Kraft treten.

Gewerkschaften schäumen

Wenig überraschend haben deshalb schon zwei Gewerkschaften für den 12. September zu landesweiten Kundgebungen aufgerufen, der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon für den 23. September. Den Gegnern passt an der geplanten Reform so ziemlich gar nichts, vor allem werfen sie Macron vor, viel zu unternehmerfreundlich zu agieren. Der Sozialstaat sei in Gefahr.

Konkret plant der 39-jährige Staatschef folgendes:
► Unternehmen, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfen, sollen leichter als bisher betriebsbedingte Kündigungen aussprechen können. Sind die Firmen international tätig, ist nur die wirtschaftliche Situation in Frankreich dafür relevant, ob Kündigungen als gerechtfertigt angesehen werden oder nicht. Das war bisher nicht der Fall.

► Betriebsvereinbarungen sollen im Vergleich zu Branchenvereinbarungen mehr Gewicht bekommen. Direkte Verhandlungen mit dem Management des Unternehmens und der Belegschaft führten zu mehr Flexibilität und würden den Bedürfnissen beider Seiten besser gerecht, argumentiert die Regierung. Auch soll es Unternehmen erleichtert werden, ihre Belegschaft über Vereinbarungen abstimmen zu lassen. Empört über die geplanten Neuregelungen sind naturgemäß die Gewerkschaften, weil sie fürchten, damit an Bedeutung zu verlieren.

► An der 35-Stunden-Woche will Macron festhalten. Allerdings soll sie flexibler geregelt werden können als bisher, indem die Betriebe mit ihren Mitarbeitern die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit verhandeln können.

► Neue Bestimmungen soll es auch bei Abfertigungen geben, die aufgrund von ungerechtfertigten Entlassungen an die betroffenen Mitarbeiter auszuzahlen sind. Die französischen Arbeitsgerichte sollen entsprechende Obergrenzen vorgeben, die sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren. Auch ein Punkt, den die Gewerkschaften strikt ablehnen.

► Vereinfachen will die französische Regierung auch die Struktur der Arbeitnehmervertretungen. Derzeit gibt es in den Unternehmen Frankreichs gleich vier verschiedene Formen. Das beginnt beim Betriebsrat und geht bis hin zu speziellen Komitees, die ausschließlich für die Sicherheit am Arbeitsplatz zuständig sind. Nach der neuen Verordnung sollen zumindest drei von ihnen zusammengefasst werden, damit der soziale Dialog effizienter abläuft.

Brüssel hofft auf Umsetzung

Während sich Gewerkschaften und die linken Parteien mit allen Mitteln gegen Macrons Arbeitsreform wehren wollen, hofft man in Deutschland und Brüssel, dass der französische Staatspräsident sein Wahlversprechen auch wirklich einlöst. Frankreich leidet seit vielen Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Im Juni 2017 waren 3,48 Millionen Menschen beschäftigungslos. Laut Eurostat liegt damit die Arbeitslosenquote bei 9,6 Prozent. Doch es gibt auch ermutigende Zahlen: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone hat im zweiten Quartal dieses Jahres ein Wachstum von 0,5 Prozent verbucht, hochgerechnet auf das Gesamtjahr soll die Wirtschaft von 1,2 auf 1,6 Prozent zulegen. Auch die Stimmung unter Frankreichs Unternehmern ist nach aktuellen Umfragen so gut wie schon seit Jahren nicht.

Macrons Beliebtheit hat von diesen Entwicklungen aber nicht profitiert. Drei Monate nach seinem fulminanten Wahlsieg sinken seine Umfragewerte deutlich. Wie eine am Donnerstag veröffentlichte Erhebung des Institutes YouGov ergab, wird Macron von 36 Prozent der Franzosen positiv gesehen. Vor wenigen Wochen waren es sieben Punkte mehr. Der Anteil der Kritiker erhöhte sich zugleich von 36 auf 49 Prozent.

Auf einen Blick

Die Wirtschaft Frankreichs grundlegend zu sanieren war ein Versprechen von Emmanuel Macron im Wahlkampf. Nun hat ihn das Parlament ermächtigt, die Arbeitsmarktreform per Verordnung zu erlassen. Sie soll zu einer Flexibilisierung des starren französischen Arbeitsrechts führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2017)

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