Maschinenbauer Andritz kämpft mit schlechter Auftragslage

Wolfgang Leitner
Wolfgang LeitnerAPA/HERBERT NEUBAUER
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Andritz-Anleger reagierten auf die aktuellen Halbjahreszahlen mit Verkäufen. Eine hohe Verwaltungsstrafe belastet den Vorstand zusätzlich.

Wien. Wolfgang Leitner, Vorstandsvorsitzender des Industriekonzerns Andritz, hat schon bessere Tage erlebt. Seine schlechte Laune zu Beginn der gestrigen Pressekonferenz dürfte weniger der Technik – die Power-Point-Präsentation wollte anfänglich nicht funktionieren – sondern vielmehr der Reaktion der Anleger auf die Halbjahreszahlen geschuldet sein. Gleich um bis zu elf Prozent sank der Kurs der Aktie, als bekannt wurde, dass der Konzern für das Gesamtjahr einen Umsatzrückgang erwartet. Auf die Frage, ob ihn eine derart starke Reaktion des Marktes überrascht habe, sagte Leitner: „Die Ergebnisse an sich waren gut. Der Auftragseingang ist natürlich nicht berauschend und ein Indiz für die zukünftige Umsatzentwicklung. Von daher musste man es erwarten.“ Er gehöre nicht zu jenen, die sagen, ab morgen werde alles anders. „Der Markt hat immer Recht, daher gibt es dazu kein Kommentar.“

Große Probleme macht die Sparte Hydro, wo die Auftragslage im zweiten Quartal gleich um 40 Prozent einbrach. „Im Wesentlichen ist ein Land dafür verantwortlich, nämlich Brasilien. Im Wasserkraftbereich gibt es dort derzeit sehr wenig Aktivität.“ Und im Zellstoffbereich mangle es an neuen Aufträgen. Dennoch zeigt sich Leitner zuversichtlich, dass sich die Lage bald zum Positiven wenden werde. Das Ebita im ersten Halbjahr 2017 wurde durch einen Sondereffekt von insgesamt 25 Mio. Euro positiv beeinflusst und lag damit 207,3 Millionen Euro über dem Vorjahresvergleichswert. Der Konzern trennte sich nämlich von einem Technikzentrum in Tianjin, China. In diesem Land sieht Leitner für Andritz übrigens das größte Entwicklungspotenzial. Er hofft noch im heurigen Jahr auf einen ersten großen Referenzauftrag. „Das wäre für uns ein wichtiger Schritt, dann haben wir dort wirklich sehr gute Möglichkeiten.“

Am US-Markt sei man durch eine eigene Fabrik vor etwaigen protektionistischen Maßnahmen von US-Präsident Donald Trump gut gewappnet. Das sei der Vorteil, wenn man vor Ort mit einem eigenen Standort präsent sei.

Andritz droht hohe Strafe

Die 22 Mio. Euro Verwaltungsstrafe, die dem vierköpfigen Andritz-Vorstand für arbeitsrechtliche Vergehen droht, erwähnte Leitner bei der Pressekonferenz nicht, sondern nahm erst im Ö1-„Mittagsjournal“ dazu Stellung. Im März 2014 beschädigte eine Explosion im Zellstoffwerk Pöls einen Laugenkessel. Den Zuschlag für die Erneuerung erhielt Andritz, der Auftragswert belief sich auf sieben Mio. Euro. Der Konzern engagierte für den Auftrag rund 200 Arbeitskräfte einer Montagegesellschaft aus Kroatien. Ende 2016 erhielten die vier Andritz-Vorstände eine Verwaltungsstrafe wegen Verstoßes gegen das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz und gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz. Für Andritz sei die Montage eine übliche Vergabe gewesen; gewertet worden sei die Beschäftigung hingegen als Überlassung der Arbeitskräfte, so Leitner. Pro Monteur beträgt die Strafe 12.000 Euro, zwei Vergehen verdoppeln das Strafmaß: macht in Summe 22 Mio. Euro. Andritz berief gegen den Bescheid.

Die Mehrfachbestrafung wird von Unternehmen seit Langem kritisiert. In ihrem überarbeiteten Arbeitsprogramm Ende Jänner 2017 hatte die Bundesregierung die Sozialpartner beauftragt, bis 30. Juni eine Lösung zur Abschaffung der Mehrfachbestrafung im Verwaltungsstrafrecht auszuarbeiten. Die vorgezogenen Neuwahlen Mitte Oktober werden nun wohl eine Einigung verhindern.

AUF EINEN BLICK

Der Grazer Anlagenbauer Andritz hat weltweit 25.400 Mitarbeiter, davon 3300 in Österreich. Im ersten Halbjahr machte der Konzern einen Umsatz von 2,8 Mrd. Euro und liegt damit auf dem Niveau des Vorjahrs. Für das Gesamtjahr erwartet Andritz einen Umsatzrückgang. Die Aktie verlor gestern bis zu elf Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2017)

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