Die Quote naht: Aufsichtsrätinnen dringend gesucht

APA/dpa
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Für Frauen mit Führungspersönlichkeit tun sich ab 2018 neue Jobs auf: Konzerne brauchen Aufsichtsrätinnen. Wegen der Quote. Die fachliche Qualifikation ist natürlich Voraussetzung.

Ab 2018  müssen größere bzw. börsennotierte Konzerne ihre Aufsichtsräte zu 30 Prozent weiblich besetzen. "Wir haben heute keine Altherren-Räte mehr - die Aufsichtsräte sind sehr viel diverser geworden, auch im Hinblick auf Alter und Internationalität", so BKS-Bank-Chefin Herta Stockbauer beim "Frauen Finanz Salon" in Wien.

"Die Aufsichtsräte haben sich in den letzten Jahren ziemlich massiv verändert - es ist nicht damit zu vergleichen, was ich vor zehn Jahren noch kennengelernt habe", berichtete die Vorstandsvorsitzende, die auch selbst einige Aufsichtsmandate innehat, am Dienstag. Es sei auch das Bewusstsein sehr stark gestiegen, dass damit auch Verantwortung und Haftungsfragen verbunden sind. Die Mitglieder des Gremiums beaufsichtigen und kontrollieren den Vorstand eines Unternehmens.

"Frauen werden nicht nur händeringend gesucht, sondern benötigt - ich kenne kaum Unternehmen, die bei der nächsten Sitzung keine Frau aufnehmen", betonte der Headhunter Michael Schaumann (Stanton Chase International), der auch die Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB) zu seinem Kundenkreis zählt. "Der letzte Depp hat schon begriffen, dass das gut, richtig und notwendig ist."

Die fachliche Qualifikation sei natürlich eine Voraussetzung. Doch alle, die bereits 15 bis 20 Jahre Berufserfahrung als Vorstand oder Führungskraft mitbringen, erfüllten diese Komponente. Viel wichtiger sei die Persönlichkeit, die "kulturell zum Unternehmen passen" soll. "Wir suchen dann den 'best fit', denn das Fachliche ist ohnehin Grundvoraussetzung." Nicht relevant sei hingegen, ob man bereits Erfahrung als Aufsichtsrat gesammelt habe. "Für den Headhunter ist das völlig wurscht, ob sie schon ein Mandat haben." Ist man schon in drei oder vier Gremien vertreten, "bekommt man eher kein fünftes mehr".

Job schlecht bezahlt

Die Vergütung liegt pro Aufsichtsratsmandat, grob gesprochen, zwischen 30.000 und 200.000 Euro jährlich. Vier Sitzungen pro Jahr sind gesetzlich vorgeschrieben. Hinzu kommen die Vorbereitung auf diese Treffen und die Arbeit in diversen Ausschüssen. Im Schnitt kommt man laut Ursula Rath, Partnerin bei der Rechtsanwaltskanzlei Schönherr, auf 20 bis 30 Arbeitstage.

"Die Aufsichtsräte in Österreich werden eher schlecht bezahlt", vermerkte RBI-Aufsichtsrätin Birgit Noggler, die davor Finanzchefin bei der Immofinanz war. Die Relation zwischen dem Risiko, das man nehme, und der Bezahlung passe nicht. Ein Aufsichtsrat sollte ihrer Meinung nach zumindest ein Vorstandsgehalt wert sein. Im Bankbereich seien nicht mehr als vier Mandate parallel erlaubt.

Die Bezahlung sei zwar - im internationalen Vergleich - "lausig", doch Headhunter Schaumann ist überzeugt, "man kann auch ganz wenig zahlen und würde dennoch genug Aufsichtsräte finden". Grund dafür sei Eitelkeit, vor allem bei Männern.

Wo die Quote schlagend wird

Ab 2018 weht zunehmend frischer Wind in den Aufsichtsräten österreichischer Konzerne. Denn ab dem Jahreswechsel werden frei werdende Sitze zunehmend mit Frauen nachbesetzt. Grund dafür ist die neue gesetzlich vorgesehene Mindestquote von 30 Prozent, die freilich für Frauen und Männer gleichermaßen gilt. Die Regelung betrifft aber nur Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen.

Ein Konzern muss entweder börsennotiert sein oder ständig mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ein zusätzliches Erfordernis sind ein Frauen- bzw. Männeranteil von mindestens 20 Prozent in der Belegschaft sowie mindestens sechs Kapitalvertreter im Aufsichtsrat. Kleinere Gremien unterliegen nicht der 30-Prozent-Quote.

Von den 20 ATX-Unternehmen erfüllt derzeit einzig die Vienna Insurance Group (VIG) bereits die neu vorgeschriebene Frauenquote, wie "Der Börsianer" kürzlich berichtete. Neun weitere im Austrian Traded Index notierte Konzerne, also fast die Hälfte, müssen die Quote erst gar nicht erfüllen, da deren Belegschaft keinen Frauenanteil von 20 Prozent aufweist - konkret betrifft das Andritz, Buwog, Flughafen Wien, Lenzing, RHI, SBO, Verbund, voestalpine und Wienerberger.

Neue Aufsichtsrätinnen brauchen etwa noch Post, Erste Group, Raiffeisen Bank International und Immofinanz, die die neu vorgeschriebene Quote allesamt erst zum Teil abbilden. Fünf weitere ATX-Firmen müssen die Erfüllung der Quote überhaupt erst angehen - conwert, OMV, Telekom Austria, Uniqa und Zumtobel. Bestehende Aufsichtsratsmandate laufen freilich ganz regulär aus. Die gesetzliche Quote regelt nur Neubestellungen.

>>>Nur 9 von 63 börsenotierte Unternehmen mit Frauen im Vorstand

(APA)

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