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Berlins Sorgen müsste man haben

(c) APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Angela Merkel erntet für ihre Absage an die „Rente mit 70“ Ökonomen-Kritik. Österreich ist da – leider – anders.

Seit Sonntag sind auch in Deutschland die Pensionen ein Wahlkampfthema. Grund dafür ist Kanzlerin Angela Merkel. Sie sagte im TV-Duell mit SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz, dass für sie auch für die Zeit nach 2030 ein Pensionsantrittsalter von 70 unvorstellbar sei.

Bis zu diesem Zeitpunkt ist in Deutschland die sukzessive Erhöhung des Pensionsantrittsalters ja bereits in der Vergangenheit auf Schiene gebracht worden. Es steigt bis 2030 auf 67 Jahre an und liegt derzeit bei 65 Jahren und sechs Monaten (allerdings mit der Einschränkung, dass nach 45 Beitragsjahren auch bereits mit 63 in Pension gegangen werden kann). Die kommende Regierung muss sich nun um die Zeit nach 2030 kümmern.

Merkels Absage an die „Rente mit 70“ auch in ferner Zukunft sorgt nun für heftige Kritik deutscher Ökonomen. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, meinte etwa: „Die demografische Entwicklung, die verlängerte Lebenszeit, machen ein späteres Renteneintrittsalter notwendig. Anders kann das System nicht finanziert werden.“ Der Rentenantritt mit 70 müsse also kommen. In dasselbe Horn stieß auch der Wirtschaftsweise Lars Feld.

Als Österreicher kann man sich ob dieser Diskussion nur die Augen reiben. Hierzulande ticken die Uhren – leider – noch ganz anders. Da erklärte SPÖ-Sozialminister Alois Stöger erst vor einem Monat, dass eine generelle Anhebung des Pensionsantrittsalters „nur woanders Probleme“ schaffen würde. Hierbei geht es wohlgemerkt aber um das Antrittsalter von 65, das sich aufgrund der demografischen Entwicklung jedes Jahr mehr von der durchschnittlichen Lebenserwartung entfernt.

Aber auch die ÖVP verlässt angesichts der Wahl der Mut: Von der langjährigen Forderung, das Antrittsalter für Frauen bereits vor 2033 an jenes der Männer anzugleichen, hat sich Sebastian Kurz jüngst verabschiedet. Berlins Sorgen müsste man haben.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2017)

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