Abkommen

Start-ups: Eine Landezone in den USA

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Boston und das Silicon Valley sind die Zentren der US-Start-up-Szene. Österreicher sollen künftig leichter dorthinkommen.

Boston. „Mein Vater war Harvard-Professor, meine Mutter Professorin am MIT“, erzählt Tim Rowe. Hier vom 16. Stock des Cambridge Innovation Center (CIC) hat man einen tollen Blick auf den Charles River und auf die mondänen Stadtviertel Bostons auf der anderen Seite des Ufers. Rowe hat das CIC gegründet. Auf mehreren Stockwerken bietet er Start-ups und Investoren Platz. Ein Co-Working-Platz kostet 425 Dollar im Monat. Ein kleines Büro knapp 1000 Dollar pro Mitarbeiter.

Dicht gedrängt sitzen die Jungunternehmer an ihren Schreibtischen und starren in ihre Laptops. Im CIC finden sie nicht nur ein Büro, sie finden eine Community von innovativen Menschen – und sie finden Investoren. Künftig sollen auch österreichische Firmen in diesem fruchtbaren Biotop Wurzeln schlagen. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ist hergekommen, um ein Abkommen zu unterzeichnen. Ein „Landing-Zone-Programm“ für Firmen, hauptsächlich auf dem Gebiet der Medizintechnologie.

Die Kammer garantiert den Unternehmen, dass sie hier im CIC einen Platz bekommen. Zudem werden heimische Betriebe von Experten des Advice Connect Inspire (ACI) betreut. Das Team hilft beim Markteintritt in den USA und unterstützt bei der Suche nach Kapitalgebern. Heimischen Unternehmern werde hier die Möglichkeit geboten, mit Spitzenforschern in Kontakt zu treten, sagt Leitl. Und wo die besten Wissenschaftler der Welt sind, dort gibt es auch viel Geld. „Allein im CIC sind sieben Milliarden Dollar an Risikokapital im Spiel“, sagt Tim Rowe.

Junge Firmen schaffen Jobs

„In den vergangenen zehn Jahren haben Unternehmen, die jünger als fünf Jahre alt waren, drei Millionen Jobs in den USA geschaffen“, erzählt Rowe. „In derselben Zeit haben Firmen, die älter sind, eine Million Jobs abgebaut.“ Neue Technologien, neue Innovationen halten die Wirtschaft „gesund und jung“, ist Rowe überzeugt, und er glaubt nicht, dass der technologische Fortschritt Arbeitsplätze vernichtet. Was er von Donald Trumps wirtschaftlicher Abschottungspolitik halte, wird Rowe von Leitl gefragt. „Trump weiß nichts von Innovation“, sagt Rowe. Wer im 21. Jahrhundert noch die Kohleindustrie forcieren möchte, „der hat nicht scharf nachgedacht“.

Noch am selben Tag unterschreibt der Wirtschaftskammer-Präsident eine Innovationskooperation mit dem renommierten MIT. So sollen Spitzenprofessoren nach Österreich kommen, um hier für Unternehmen Seminare abzuhalten. Auch garantiert die Partnerschaft österreichischen Firmen einen Platz bei Konferenzen und Start-up-Veranstaltungen des MIT. Ende der Woche wird Leitl ähnliche Abkommen auch mit der Stanford University in Kalifornien im Silicon Valley besiegeln.

Einige haben den Weg nach Boston auch allein gefunden. Moritz Plassnig ist 28 Jahre alt und hat vor fünf Jahren das Software-Start-up Codeship gegründet. Hier in Boston fand er vor allem eines: Investoren, die an seine Idee glauben. Magdalena Klemun schrieb früher für die „Presse“. Heute forscht die Ingenieurin in Harvard. Hier in Boston funktioniere sehr viel über persönliche Kontakte, erzählt sie. „Seilschaften der Kompetenz“, nennt sie es. „Wenn man gut ist, wird man weiterempfohlen.“ Anders als oft in Österreich gehe es nicht um persönliche oder gar politische Abhängigkeit.

„Vergiss Facebook oder Twitter, alles hier basiert auf persönlichem Kennenlernen“, sagt auch Tim Rowe. Der Weg in diese „Seilschaft der Kompetenz“ ist für österreichische Betriebe nun etwas leichter geworden. Darin bestehen müssen sie allerdings weiterhin selbst.

Compliance-Hinweis: Der Autor ist auf Einladung der Wirtschaftskammer in den USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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