Irak: Kein Öl für den Krieg

(c) AP (Jerome Delay)
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Amerikanische Firmen gingen bei der Versteigerung der Förderlizenzen für irakisches Öl weitgehend leer aus. Die großen Gewinner waren China und Russland.

Wien (ag.). Für Kritiker war der Hintergrund des Irak-Kriegs 2003 stets klar: Nicht um Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen ging es, sondern um das Öl. Mit dem Waffengang wollten sich die USA in Wirklichkeit den Zugang zu den reichen Quellen des Landes sichern, meinten Kriegsgegner, die laut „Kein Krieg für Öl“ skandierten. Jetzt zeigt sich: Es gibt tatsächlich kein Öl für den Krieg. US-Firmen gingen bei der Versteigerung der Ölrechte im Irak weitgehend leer aus.

„Ich bin nicht in einer Position, darüber Enttäuschung zu äußern“, meinte vorsichtig der amerikanische Botschafter in Bagdad, Christopher Hill, über den Ausgang des Bieterrennens in Bagdad. Die Rechte für sieben Ölfelder wurden um mehrere Milliarden Dollar verkauft – kein einziges ging an eine amerikanische Firma. Die großen Gewinner waren die Chinesen, Russland und Royal Dutch Shell.

„Schaut nur zu“

„Wir haben nicht viele amerikanische Bieter gesehen“, erklärte Thamir Ghadhban, früherer Ölminister des Landes. „Es ist schon sehr ironisch, dass US-Firmen nicht versuchen, Profit aus dem Ergebnis eines Krieges zu schlagen, den ihr Land geführt hat“, sagte Ben Lando, Chef der Nachrichtenagentur „Iraq Oil Report“. „So lange wollte man in Washington Zugang zu unserem Öl haben, und jetzt schaut man bei den Versteigerungen nur zu.“

Warum das so ist, dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Einerseits verkaufen die Iraker die Ölfelder nicht, sondern zahlen den Konzernen nur eine Gebühr dafür, dass sie das Öl fördern. Verkauft wird es vom Staat, der damit seine Einnahmen ordentlich aufbessern wird: Die Einnahmen aus dem Ölverkauf könnten bald auf 200 Milliarden Dollar pro Jahr steigen, erklärte ein Regierungssprecher. Das ist das Dreifache des derzeitigen Budgets des Landes.

Andererseits ist die Sicherheitssituation im Irak weiterhin angespannt. Bei Anschlägen am Wochenende kamen mehr als 100 Personen ums Leben. Die 30 Chefs von Ölfirmen, die für die Förderrechte boten, wurden in gepanzerten Limousinen in das Zentrum von Bagdad gebracht. Die Straßen waren weitläufig abgesperrt, über dem Ölministerium kreisten den ganzen Tag Hubschrauber.

Weil US-Firmen ihren Aktionären gegenüber verantwortlich seien, wollten sie das Risiko nicht eingehen, von Anschlägen und Toten berichten zu müssen, glaubt Lando. Das wäre verheerend für das Firmenbild in der Öffentlichkeit.

Das Problem haben die Gewinner der zweiten Bieterrunde jedenfalls nicht: einerseits die staatliche chinesische Ölfirma CNPC; die russische Ölfirma Lukoil; und die staatliche Petronas aus Malaysia. Sie müssen keinen Aktionären Rede und Antwort stehen.

Bisher wurden zehn Ölfelder versteigert: Sieben jetzt, drei vor einigen Wochen. Mit dem Einstieg der ausländischen Firmen soll die Fördermenge von derzeit 2,5 Millionen Barrel pro Tag auf 4,7 Millionen Barrel steigen. Bei nur zwei Ölfeldern sind US-Firmen mit im Spiel: Bei einem Ölfeld, „West Ourna“ (Reserven von angeblich neun Mrd. Barrel), im relativ stabilen Süden des Landes fördert Exxon-Mobil mit anderen Unternehmen, darunter Shell.

Und die vergleichsweise kleine kalifornische Ölfirma Occidental ist Teil eines anderen Konsortiums, das vom italienischen Konzern Eni angeführt wird.

Rückerstattung von Kriegskosten

Der Irak konnte jahrzehntelang sein Öl wegen UN-Sanktionen, wegen Kriegen und mangelnder Investitionen nicht in vollem Umfang auf den internationalen Märkten verkaufen. Nach Schätzungen hat das Land nach Saudi-Arabien und dem Iran die drittgrößten Ölreserven der Welt. In einer dritten Runde werden im kommenden Jahr weitere 50 Ölfelder versteigert.

Dass die Gewinner der bisherigen Versteigerung breit gestreut sind, ist laut Johannes Benigni vom Wiener Ölbroker JBC Energy ein Beweis dafür, dass es keinen Einfluss gegeben hat: „Offensichtlich konnte niemand die Ausschreibungen manipulieren.“

Auch wenn die Amerikaner bei den Versteigerungen bisher kaum zum Zug kamen, glaubt er, dass „ein mögliches Ziel des Krieges“ erreicht worden ist: „Es ging um den Zugang zum Öl.“

Am Ende werden die USA von den Ölverkäufen dennoch profitieren. Der Irak soll den USA einen Teil der Kriegskosten rückerstatten.

AUF EINEN BLICK

Die Ölvorkommen im Irak sind nach Saudi-Arabien und Iran die drittgrößten der Welt. Das Land hat heuer begonnen, die Förderrechte zu versteigern. Nur an zwei der bisher vergebenen zehn Ölfelder sind US-Firmen beteiligt. Irak erhofft sich damit Einnahmen von 200 Mrd. Dollar pro Jahr, das Dreifache des derzeitigen Budgets.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2009)

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