USA: Ein Falke will die Taube vertreiben

Janet Yellen tritt im Februar als Chefin der US-Notenbank Fed ab. Das Rennen um ihre Nachfolge geht nun in die heiße Phase.
Janet Yellen tritt im Februar als Chefin der US-Notenbank Fed ab. Das Rennen um ihre Nachfolge geht nun in die heiße Phase.(c) imago/UPI Photo (KEVIN DIETSCH)
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Trump regelt die Fed-Spitze rasch neu. Der aktuelle Favorit Warsh ist ein Rebell.

Wien/Washington. Die Ankündigung kam überraschend: Donald Trump will schon in den nächsten zwei bis drei Wochen den neuen Fed-Chef nominieren. Danach hätte der Kongress ausreichend Zeit, die Entscheidung des Präsidenten abzusegnen, bevor Anfang Februar das Mandat von Janet Yellen an der Spitze der US-Notenbank ausläuft. Vier Gespräche mit Kandidaten habe er in der Vorwoche geführt, verriet Trump. Nun fragen sich alle, wer denn nun in die engere Wahl gekommen ist.

Einer der Gäste im Weißen Haus blieb nicht geheim – und er lässt aufhorchen: Kevin Warsh ist ein scharfer Kritiker der ultralockeren Geldpolitik der vergangenen Jahre. Der Ökonom mit Wall-Street-Erfahrung tritt mit dem Anspruch an, die Strategie und das Auftreten der Notenbank „von Grund auf neu zu überdenken“. Der persönliche Draht wäre gesichert: Warsh ist der Schwiegersohn des Trump-Freunds Ronald Lauder (eines Erben des Kosmetikkonzerns Estée Lauder und in den 1980er-Jahren US-Botschafter in Wien). Der 47-Jährige war bereits von 2006 bis 2011 Mitglied im Fed-Direktorium, trat aber aus Protest gegen das massive Anleihekaufprogramm zurück. Seitdem geißelt er das „aggressive Quantitative Easing“ in seinen Reden: Es habe die Preise auf den Aktien- und Immobilienmärkten manipuliert, künstlich in die Höhe getrieben und damit neue Risken geschaffen.

Konkret würde der neue Kurs bedeuten, dass die Fed ihr Programm rascher rückabwickelt und ihre auf 4,5 Billionen Dollar aufgeblähte Bilanzsumme beherzter abbaut.

Cohn hat es sich verscherzt

Dass Trump damit die Geldpolitik in die Klauen eines „Falken“ legen könnte, passt freilich nicht ins Bild: Der US-Präsident ist ein Freund niedriger Zinsen, weil er hofft, dass sie das Wachstum befeuern. In Rekordkursen an den Aktienmärkten sieht er nicht die Gefahr von Blasen, sondern eine Bestätigung seiner Politik. Die liefert ihm Warsh aber in anderer Form: Der Vertraute preist Trumps Pläne, die Steuern für Unternehmen stark zu senken und die Zügel für die Finanzmärkte wieder zu lockern.

Als Kompromisskandidat ist neuerdings aber auch Jerome Powell hoch im Kurs. Der frühere Banker ist schon jetzt Mitglied im Fed-Direktorium und gilt geldpolitisch als „Zentrist“. In den Wett-Rankings abgestürzt ist hingegen Gary Cohn. Der oberste Wirtschaftsberater Trumps galt schon als fast fix gesetzt. Er fiel aber im August in Ungnade, als er sich öffentlich von Trumps Reaktion auf die rechtsradikalen Aussschreitungen in Charlottesville distanzierte.

Bleibt noch Janet Yellen selbst. Nach dem Wahlkampf, in dem der Republikaner sich auf sie eingeschossen hatte, räumte ihr niemand mehr Chancen auf eine zweite Amtszeit ein. Aber als der launenhafte Trump ins Weiße Haus einzog, entdeckte er plötzlich seine Sympathie für die Fed-Chefin: „Ich mag sie“, erklärte Trump im Sommer – eben weil die geldpolitische Taube so wie er ein Faible für niedrige Zinsen hat. Was ihn aber stören muss: Von der starken Regulierung der Finanzmärkte, die vor neuen Krisen schützen soll, will Yellen keineswegs abrücken. Getroffen haben sich die beiden vorige Woche jedenfalls nicht. War aber auch nicht nötig: Bei Yellen weiß Trump, woran er ist. Womit die aktuelle Amtsinhaberin weiter im Rennen bleibt.(gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2017)

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