Industrie: Gleichstellung von Arbeitern kostet 200 Mio. Euro

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Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer kritisieren die geplante Angleichung von Arbeitern und Angestellten per Gesetz.

Wien. „Ich bin seit 20 Jahren ein Verfechter der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Allerdings soll das nicht in einem Schnellschuss wenige Tage vor der Wahl passieren.“ Mit diesen Worten kritisierte Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung, gestern, Mittwoch, den heute auf der Agenda der letzten Parlamentssitzung vor der Wahl stehenden entsprechenden Gesetzesvorschlag. Wenige Stunden zuvor hatte sich auch bereits Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl an die Öffentlichkeit gewandt: „Unser Weg geht über die Kollektivverträge.“ Diese seien die Grundlage für den sozialen Frieden. Eine Angleichung ohne die Einbindung der betroffenen Unternehmen sei ein Problem.

Grundsätzlich sei man für die Angleichung, so die Kernaussage. Auch wenn diese gut 200 Mio. Euro kosten werde, sagt Kapsch. Grund dafür ist, dass Angestellte derzeit vorteilhaftere Regeln bei Kündigung, Entgeltfortzahlung und Dienstverhinderungsgründen haben. Wenn diese künftig auch für Arbeiter gelten, sorgt dies für Mehrkosten, „um die unsere Produkte teurer und unser Standort weniger attraktiv“ werden, so Kapsch. Allerdings erwarte man dafür auch, dass Einsparungspotenziale gehoben werden – etwa die Abschaffung eines eigenen Betriebsrates für Angestellte und für Arbeiter. Letzteres ist in dem Gesetzesvorschlag allerdings nicht enthalten. Zudem sorge eine überfallsartige Angleichung dafür, dass der Umstellungsaufwand in den Personalabteilungen und bei der Lohnverrechnung höher als notwendig werde. In der Wirtschaftskammer verweist man zudem darauf, dass eine Kündigungsmöglichkeit nur per Ende des Quartals vor allem in Branchen wie dem Tourismus die Flexibilität der Unternehmen stark senken würde.

Plädoyer für KöSt-Senkung

Bei einer eigenen Forderung – der Reduktion der Körperschaftsteuer für nicht entnommene Gewinne auf die Hälfte – weist Kapsch die zuletzt etwa von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) geäußerte Kritik zurück. Nach Ansicht der IV würde dies zu einem erhöhten Investitionsvolumen führen und somit für mehr Wachstum und mehr Steuereinnahmen sorgen. Dass die Firmen mit dem Geld auf dem Finanzmarkt agieren, glaubt er nicht. „Viel financial engineering wird es sicher nicht geben. Da schauen schon die Eigentümer drauf.“ Denn spekulieren könnten die auch gleich selbst, so Kapsch. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2017)

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