Erfolg. Höhere Preise und der weltweite Aufschwung bringen dem Stahlkonzern das beste Ergebnis seit der Finanzkrise.
Wien. Fast eine Dekade nach dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers hat der österreichische Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine erstmals wieder mehr Geld verdient als vor Ausbruch der Finanzkrise. Die wirtschaftliche Erholung rund um den Globus hat den Umsatz des erstmals seit Längerem wieder über 50.000 Mitarbeiter starken Unternehmens im ersten Halbjahr um 16,5 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro gehievt. Das Betriebsergebnis stieg um 58,4 Prozent auf 584 Millionen Euro. Auch das ist ein Nachkrisenrekord.
„Es wird Zeit, dass wir wieder lernen zu feiern“, sagte Voest-Chef Wolfgang Eder. Denn es werde in der Tonart weitergehen: „Der Aufschwung ist viel breiter, robuster und rasanter gekommen, als wir es noch im Frühling erwartet hatten“, sagte der Konzernboss am Mittwoch bei der Präsentation der Halbjahreszahlen in Wien.
Firmen investieren wieder
Anti-Dumping-Maßnahmen der EU gegen die Billigimporte aus China hätten gemeinsam mit einer starken Nachfrage in der Automobil- und Luftfahrtbranche die Preise für die Spezialstähle des Linzer Anbieters nach oben getrieben. Drei Viertel der höheren Umsatz- und Gewinnzahlen sind mit dem Anheben der Preise zu erklären. Ein Viertel sei ein Mengeneffekt, da auch in Summe mehr Stahl verkauft wurde, sagte Finanzvorstand Robert Ottel.
Auffällig sei im ersten Halbjahr die deutlich höhere Nachfrage aus dem Maschinenbau gewesen. Vieles deutet also darauf hin, dass die Unternehmen ihre Investitionsbremse nach einigen Jahren langsam wieder lockern und neue Anlagen zukaufen. In der bisher etwas schwächelnden Öl- und Gasbranche erwartet die Voestalpine im kommenden Jahr einen Anstieg der Preise. „Das ist unsere Konjunkturreserve“, sagte Eder. Realität wird sie aber nur, wenn sich auch der Ölpreis jenseits der 60 Euro stabilisieren kann, was angesichts der politischen Unruhe am Golf und der neu entdeckten Förderdisziplin der Opec durchaus im Bereich des Möglichen ist.
Stahl: China steigt vom Gas
Bessere Signale ortet Wolfgang Eder auch in China. Seit Jahren stöhnen die Stahlkocher weltweit unter den Billigimporten aus der Volksrepublik, die – mit kräftiger Mithilfe staatlicher Subventionen – um 500 Millionen Tonnen mehr Stahl erzeugt, als eigentlich benötigt wird. Lange hat Peking den Abbau dieser Überkapazitäten versprochen, aber nichts getan.
Das dürfte sich nun ändern. Allem Anschein nach wird Peking erstmals alte Stahlwerke zudrehen und so 100 Millionen Tonnen an überflüssig produziertem Stahl aus dem Markt nehmen.
Für Euphorie ist es allerdings noch zu früh: Gleichzeitig mit dem Schließen alter Werke hat China heuer auch einige neue Produktionsstätten eröffnet, sodass das Land heuer in Summe 25 Millionen Tonnen an Kapazität aufbauen wird. Erst ab dem kommenden Jahr dürfte der Output in China tatsächlich beginnen zu sinken.
Für die europäische Stahlbranche sind das nicht zwingend gute Nachrichten. Auch hier werden viele Stahlwerke nur mit Subventionen am Leben erhalten. Sinkt der Druck aus China, wird sich auch die notwendige Konsolidierung in Europa weiter verzögern. (auer)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2017)