Die Arbeitnehmervertreter zeigen sich irritiert. Mahrer will als neuer Wirtschaftskammerchef auch "auf Österreich schauen", mehr Freiräume schaffen und seinen Kammerfunktionären die Angst vor der "Durchlüftung" nehmen.
Wien. "Es muss das Preis-Leistungsverhältnis stimmen", sagt Harald Mahrer. Und er meint damit jenes des Staates, der Sozialpartner und insbesondere auch jenes der Wirtschaftskammer. Heute übernahm er von Christoph Leitl die Führung der größten Unternehmerorganisation des Landes. Doch der neuer Wirtschaftskammerpräsident sieht sich nicht nur als Sprachrohr für mehr als 500.000 Unternehmen, sondern für 8,6 Millionen Österreicher. Er trete für die Steuerentlastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein. Mahrer kündigt einen "neuen Stil im Verhältnis zwischen Wirtschaft, Regierung und Sozialpartner" an.
Seine neuen sozialpartnerschaftlichen Konterparts, Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl und den designierten ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian, streut Mahrer zwar "Vorschusslorbeeren", zeigt sich aber gleichzeitig irritiert vom "Unternehmerbashing" und der "Gräuelpropaganda", die von den Arbeitnehmervertretern ausgehe. Der 45-Jährige verweist explizit auf die gescheiterten Verhandlungen über die Arbeitszeitflexibilisierung. Hier ortet er eine "eigenartige Kommunikation der Arbeiterkammer". Mehr "Standortpolitik" und weniger Parteipolitik wünscht sich Mahrer, der als ehemaliger Wirtschaftsminister weite Teile des türkis-blauen Regierungsprogramms verhandelt hat.
"Wir brauchen mehr Freiräume."
"Wir brauchen in dem Land mehr Freiräume", sagt Mahrer und verweist auf China. Dort werden in den kommenden zehn Jahren 500 Millionen Menschen den Weg in den Mittelstand schaffen. "Und wir überlegen uns, auf welcher Höhe man eine Steckdose montiert." Und deshalb werde er die Regierung "daran messen, wie viele Vorschriften sie abschafft".
Was die Reform der Sozialversicherung angeht, ist Mahrer ganz auf Regierungslinie. Er betont sogar, dass das angestrebte Fünf-Träger-Modell - also etwa die Abschaffung der einzelnen Gebietskrankenkassen - eine alte Forderung der Wirtschaftskammer sei. Es müsse zu mehr Transparenz und zu einer Entflechtung der Geldflüsse kommen. "Wir haben keinen magischen Bankomaten in diesem Land", sagt Mahrer.
Außer man finanziert sich über Pflichtmitgliedschaftsbeiträge, würden Kritiker antworten. Mahrer hält daran bekanntlich fest, will aber dafür sorgen, dass die Wirtschaftskammer den "Exzellenzanspruch" stellt. Mahrer will also die Unternehmer davon überzeugen, dass der magische Bankomat, den sie füttern, am Ende ihnen mehr als bisher zugute kommt. Etwa auf dem Weg zur digitalen Transformation. Schließlich sei die Wirtschaftskammer die "größte private Bildungseinrichtung in diesem Land".
Mahrers Lieblingswort: "Effizienzsteigerung".
Die Kammerreform, die sein Vorgänger Christoph Leitl eingeläutet hat, will Mahrer fortführen. Bekanntlich werden die Mitgliedsbeträge um 100 Millionen Euro gesenkt. Das Projekt ging damals nicht reibungslos über die Bühne. Einige Landesorganisation stehen den Veränderungen skeptisch gegenüber. Diese muss nun auch Mahrer überzeugen. "Angst vor Veränderung" sei verständlich, sagt Mahrer. Manche fürchten, sich am Fenstergriff zu verbrennen, wenn es ans "Durchlüften" geht. Das Wort, das Mahrer bei seinem Antritt am liebsten verwendet, lautet "Effizienzsteigerung". Und der Wirtschaftskammer verpasste er auch einen neuen Slogan: "Wir schauen auf Österreich."