Budgetkrise: So „griechisch“ ist Österreich

(c) AP (Thanassis Stavrakis)
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Vizekanzler Pröll warnt vor „griechischen Verhältnissen“ und kündigt harte Maßnahmen an. Die Staatsausgaben laufen den Einnahmen davon, mit Steuern allein lässt sich das Budget nicht sanieren.

Wenn der Finanzminister vor dem Staatsbankrott warnt, dann ist Feuer am Dach: „Wir steuern auf ein griechisches Szenario zu“, sagte Josef Pröll Dienstagabend in Wien. Und zwar rasant: Schon in drei Jahren könnte es so weit sein. Wenn – und das ist der springende Punkt – nicht drastisch gegengesteuert wird. Mit schmerzhaften Einsparungen und ebenso schmerzhaften Steuererhöhungen.

Das „Blut, Schweiß und Tränen“-Statement diente also vornehmlich dazu, die sich bis vor Kurzem noch in Sicherheit wiegenden Landsleute („keine neuen Steuern in dieser Legislaturperiode“) auf unangenehme Zeiten einzustimmen. Aber es hat einen realen Hintergrund.

In der Krise sind die Einnahmen des Staates nämlich außerordentlich stark gefallen. Wesentlich stärker jedenfalls als die Ausgaben. Die Folge: Defizit und Staatsschulden explodieren. Mit einem Anteil der Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt von 74Prozent ist Österreich zwar noch weit vom griechischen Wert von 130 Prozent entfernt, aber die Quote steigt sehr schnell.

Und die Dynamik ist mit Steuererhöhungen allein nicht in den Griff zu bekommen: Die Steuereinnahmen fallen heuer (nicht inflationsbereinigt) auf den Wert von 2003 zurück, die Ausgaben aber nur auf den Wert von 2006. In absoluten Zahlen macht der „Gap“ rund drei Milliarden Euro aus. Alle derzeit diskutierten Steuererhöhungen zusammen – von den ÖVP-Ökosteuern bis zu den SPÖ-Vermögenssteuern – würden also nur den alten Abstand zwischen Einnahmen und Ausgaben wiederherstellen. Von einer Budgetsanierung wäre da noch wenig zu sehen.

Der große „Sündenfall“ ist 2009 und heuer passiert, wie ein Vergleich des tatsächlichen „Budgeterfolgs“ für die ersten drei Monate zeigt: Heuer und im Vorjahr sind die Staatseinnahmen von Jänner bis Ende März um zwei bzw. 2,5 Milliarden Euro unter den Vergleichswerten von 2008 und 2007 gelegen, die Ausgaben aber nur um rund eine Milliarde. Mit anderen Worten: Die Ausgaben laufen den Einnahmen – wie in Griechenland – unaufhaltsam davon.

Die eigentliche Budgetkatastrophe spielt sich aber im ausgegliederten Bereich ab: Die Schulden von ÖBB, Asfinag und Bundesimmobiliengesellschaft sind allein seit 2008 von 26,8 auf 32,1 Milliarden Euro gestiegen. Für diese zusätzlichen 5,3 Milliarden Euro haftet der Bund, sie werden im Budget aber nicht ausgewiesen.

Bei dieser Schuldendynamik ist es tatsächlich nur eine Frage der Zeit, bis in Österreich griechische Zustände herrschen.

Kräftige Steuererhöhungen

Bisher zeichnet sich freilich auf der gefährlicheren Seite der Budgetbilanz, bei den Ausgaben, so gut wie nichts ab. Diskutiert wird bereits über konkrete Steuererhöhungen, auf der Ausgabenseite gibt es aber nur nebulose Absichtserklärungen. Dass die Steuererhöhungen kräftig ausfallen werden, steht schon außer Zweifel: Um die fehlenden 2,5 bis drei Milliarden Euro auf der Einnahmenseite aufzutreiben, wird wohl die gesamte derzeit von den Regierungsparteien diskutierte Palette umgesetzt werden müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2010)

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