Hypo-Prozesse: "Kein Risiko, kein Geschäft"

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Eine Anklage gibt Einblick, wie leichthändig die Hypos der Steiermark und Kärnten Kredite vergeben haben. „Es war ein riesiger Markt vorhanden“, meinte der ehemalige Geschäftsführer der Hypo Steiermark.

GRAZ/KLAGENFURT(ag.). Wer in Österreich einen Kredit will, der fühlt sich schnell wie in einem finanziellen Nacktscanner: Nichts bleibt den Prüfern verborgen. Leichter hat man es da schon als Bürger Kroatiens oder wenn man der richtigen Partei einen Dienst erweist. Vor allem bei der Hypo Steiermark und der Hypo Kärnten – und zumindest bis vor einigen Jahren. Jetzt haben die leichthändigen Kreditvergaben von einst gerichtliche Nachspiele.

„Es war ein riesiger Markt vorhanden“, meinte der ehemalige Geschäftsführer der Hypo Steiermark am Mittwoch vor Gericht in Graz in Erinnerung an das Jahr 1996. Damals begann die Bank mit Leasinggeschäften in Kroatien und Bosnien, die ihm und seinem Prokuristen nun ein Verfahren wegen Untreue bescherten. Beide sollen mit den riskanten Geschäften einen Schaden von 40 Mio. Euro verursacht haben. Wobei: „Kein Risiko, kein Geschäft“, meinte der Ex-Geschäftsführer vor Gericht und fügte salopp hinzu: „Wofür fahren wir denn in den Osten? Wir wollen dort ja nicht spazieren gehen.“ Das Verfahren in Graz gibt tiefe Einblicke in die Goldgräberstimmung, die bei Österreichs Banken Ende der 1990er-Jahre geherrscht hat: Da wurden beispielsweise Leasinggelder von Bankangestellten privat im Auto geliefert.

Und die Gehaltsprüfung bei der Kreditvergabe? „Wir haben gewusst, dass am Gehaltszettel oft ein niedrigeres Einkommen steht. Tatsächlich gibt es aber noch ein Zusatzeinkommen“, schilderte der einstige Bankenchef. Und wie prüfe man das, wollte der Richter wissen. „Das kann man nicht prüfen, aber wir haben es gewusst.“ Das sei doch unseriös. „Finde ich nicht“, kam die Antwort des Beschuldigten.

Dienste für Haiders FPÖ

Er fühle sich jedenfalls ganz und gar unschuldig daran, dass in der Folge Leasingverträge und Kredite reihenweise geplatzt sind und der Bank plötzlich ganze Jachthäfen gehört haben – ebenso wie Straßenkehrfahrzeuge und Müllautos. Dem Vorstand der Hypo sei das Risiko der Leasinggeschäfte in Kroatien und Bosnien bekannt gewesen, meinte der frühere Geschäftsführer. Auch der einstige Prokurist hatte schon am Dienstag erklärt, er habe den Vorstand gewarnt, dass von 50 Mio. Euro etwa 35 Mio. Euro uneinbringbar seien. Trotzdem habe man weitere Millionen in den Sektor gepumpt.

Eine lockere Kreditvergabe als Freundschaftsdienst könnte nun auch dem ehemaligen Vorstandschef der notverstaatlichen Hypo Alpe Adria Bank, Wolfgang Kulterer, zum Verhängnis werden. Er wird an einem Nebenschauplatz der kriminellen Fundgrube als Beschuldigter geführt, weil er einem Privatdetektiv auf Bitte des damaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider einen Kredit verschafft hat.

Telefonisch habe Haider für den Detektiv interveniert, der sich für die FPÖ als verdienstvoll erwiesen hätte, berichtet die Zeitschrift „News“. Der Mann benötige dringend 150.000 Euro „für das Finanzamt“. Kulterer habe daraufhin zwei Hypo-Mitarbeiter angewiesen, den Kredit – trotz denkbar schlechter Bonitätseinstufung – zu gewähren. Vorausschauend wurde in einem Aktenvermerk vom 26. Juni 2006 geschrieben, dass ein möglicher Schaden nicht der Hypo Österreich angelastet werden dürfe. Dafür müsse die Hypo International aufkommen. Der Schaden entstand, der Detektiv konnte nicht zahlen und ist inzwischen in Konkurs. Kulterer kam gleich von zwei Seiten unter Druck: Sowohl die Hypo Österreich als auch die Hypo International erstatteten Anzeige, weil er seine Befugnisse „wissentlich missbraucht“ habe.

Der in dem Fall entstandene Schaden von 150.000 Euro war bei der Gebarung der Hypo Alpe Adria Bank in Kärnten im Vergleich freilich gerade einmal ein besserer Stundensatz: Die Bank benötigte heuer 1,5 Milliarden Euro, um vor der Pleite gerettet zu werden.

AUF EINEN BLICK

Prozess. Der ehemalige Geschäftsführer der Hypo Steiermark und ein Prokurist stehen in Graz wegen Untreue vor Gericht. Sie sollen ab 1996 risikoreiche Geschäfte in Bosnien und Kroatien getätigt haben. Der Bank entstand dadurch ein Schaden von mehr als 40 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2010)

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