Masseverwalter schließt AvW-Invest

PK AVW GRUPPE AG: AUER VON WELSBACH
PK AVW GRUPPE AG: AUER VON WELSBACH(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Die AvW-Invest hat ihren Betrieb eingestellt. Der Sachverständige Fritz Kleiner meint, dass die AvW-Invest ohne die Erlöse aus dem Genusscheinverkauf negativ bilanziert hätte. Er spricht daher von "Abzocke".

Die in Konkurs befindliche börsenotierte Kärntner AvW Invest AG wird geschlossen. Dies hat der Masseverwalter Gerhard Brandl beschlossen, teilte das Kärntner Unternehmen am Mittwochnachmittag ad hoc mit. Erst gestern haben die AvW Invest und ihre Mutter, die AvW Gruppe, einen Konkursantrag gestellt. Die Überschuldung wurde mit über 50 Mio. Euro angegeben, über den genauen Vermögensstatus gibt es noch keine Angaben. Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) geht davon aus, dass die Überschuldung "weitaus höher" ist.

Gutachten belastet AvW-Invest

Der AvW-Sachverständige Fritz Kleiner kommt in seinem Gutachten zu der nun in Konkurs befindlichen Kärntner Finanzgruppe AvW zum Schluss, dass die Börse-Tochter AvW Invest ohne die Mittel aus den Genussscheinverkäufen jahrelang operativ im Minus gewesen wäre. Ohne diese Zuschüsse wäre AvW Invest "nie lebensfähig" gewesen. Den Geldfluss zwischen AvW Gruppe AG und AvW Invest - "Kursentwicklung = Genussscheinpreis" bezeichnet Kleiner in seiner über 850-seitigen Expertise als "Perpetuum mobile". Es liege hier etwas vor, "was umgangssprachlich als 'Abzocke' bezeichnet wird", so der Gutachter. Es gilt die Unschuldsvermutung. In der AvW-Affäre zittern wie bekannt mehr als 12.000 Anleger um über 200 Millionen Euro.

Rätselhafte Kapitaltransfers

Ab 2001/02 sei "mit nicht transparenten Kapitaltransfers zwischen der Emittentin (AvW Gruppe) und der relativ substanzlosen AvW Invest AG als Handels- und Betriebsfirma" gearbeitet worden, stellt Gutachter Kleiner in seiner Expertise fest. Das System beruhte "vor allem darauf, dass den Anlegern (...) laufend zugesichert wurde, sie würden ihre jährlichen Wertsteigerungen bei Bedarf bar ausgezahlt bekommen", schreibt der Experte laut "WirtschaftsBlatt"


"Die Wertentwicklung des Genussscheins entspricht nicht dem realiter durch die Beteiligungen der AvW Gruppe erzeugten wirtschaftlichen Wertzuwachs", heißt es weiter. "Der Genussschein war nie mehr als 52 Prozent durch den Substanzwert gedeckt" gewesen.

AVW lange überbewertet

Kleiner hält die AvW Invest für lange zu hoch bewertet: "Mit der Kommunikation des hohen Börsenwerts dieser Beteiligung" sollte nach seiner Ansicht "die Kursentwicklung des Genussscheines der AvW Gruppe AG gestützt werden". "Eine Täuschung darüber hat in allen Jahren seit 2001 durch diese Überfinanzierung aus Sicht des Sachverständigen stattgefunden", so Kleiner. Bis 2000 habe Wolfgang Auer-Welsbach die Genussschein-Kurse laut Zeitung überhaupt selbst errechnet. Die AvW hatte die Vorwürfe stets vehement bestritten.

Eines der Herzstücke des Gutachtens widmet sich dem Umtausch der alten Genussscheine mit Kapitalgarantie in solche ohne Kapitalgarantie. "Aus meiner Sicht wären die Genussscheininhaber anlässlich des Umtausches auf diesen Wegfall ausdrücklich hinzuweisen gewesen", meint Kleiner: "Die mangelnde Information über diesen wesentlichen Wegfall in den Genussscheinbedingungen 2001 im Vergleich zu 1999 ist eine klare Täuschung des Anlegers" - Vorwürfe, die Auer-Welsbach wie bekannt bestreitet.

Jahrelang operativ im Minus

Aus Sicht des von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt bestellten Gutachtens wäre die AvW Invest ohne Mittel aus den Genussscheinverkäufen jahrelang operativ im Minus gewesen: "Ohne die Mittel aus den Genussscheinverkäufen an weitere Kunden konnten weder die Rückkäufe noch das operative Geschäft der AvW Invest finanziert werden", so Kleiner. "Die AvW-Gruppe war mit ihrer 75-Prozent-Beteiligung an der AvW Invest wesentlich auf den steigenden Kurs angewiesen, um die Substanz der AvW-Gruppe für die Genussscheine unterlegen zu können." "Hätte AvW Invest mit den fremdvergleichsfähigen Erlösen, Börseeinführung und ohne die Aktivierung zukünftiger Erfolgsprämien bilanzieren müssen, hätte sie ein EGT (von 2001 bis 2007) statt in Höhe von 36,9 Millionen von minus 12,2 Millionen ausgewiesen", so Kleiner.

Auch der AvW-Invest-Konkursantrag zitiert aus dem Gutachten. Dort halte Kleiner "fest, dass die Antragstellerin ohne die überhöhten Erträge aus der AvW Gruppe AG nicht lebensfähig gewesen wäre und sich die Antragstellerin im wesentlichen über die Provisionserträge der AvW Gruppe AG und die Agio-Beträge der Genussscheinkunden finanzierte und bei Wegfall dieser einzig ertragreichen Tätigkeit ohne diese Zuschüsse nie lebensfähig gewesen wäre."

Scharfe Kritik an Aufsichtsbehörde

Scharfe Kritik übte der frühere BAWAG-, Hypo-Alpe-Adria- und Herberstein-Gutachter Kleiner auch an der ehemaligen Bundeswertpapieraufsicht (BWA) im Finanzministerium. Die BWA habe das Kärntner Unternehmen in den Jahren 2000/01 unter Minister Karl-Heinz Grasser geprüft - nach anfänglichen heftigen Bedenken letztlich ohne strafrechtliche Konsequenzen. Das ORF-"Morgenjournal" zitierte dazu heute aus dem Gutachten: "Die bemerkenswerte Tatsache, dass die BWA diese Vorgänge weder näher untersuchte noch zur Anzeige brachte, entbehrt jeder juridischen Grundlage."

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) weist im übrigen Vorwürfe von Anlegern, in der Causa säumig gewesen zu sein, zurück. Denn laut Gesetz war die Behörde nur für die AvW Invest und nicht für die AvW-Gruppe zuständig, heißt es in der FMA laut "Presse". Auch Anlegerschützer Wilhelm Rasinger (IVA) fordert, dass die Kompetenzen der Aufsicht ausgeweitet werden. Im April hat die FMA wie vom "Standard" berichtet bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen des Verdachts der Kursmanipulation eingebracht, verdächtigt: Auer-Welsbach und Strohmänner.

(APA)

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