Lieber Geld als Zusatzpension

Viele lassen sich die Abfertigung so früh wie möglich ausbezahlen.

Wien(b.l.) Als im Jahr 2003 die „Abfertigung neu“ in Kraft trat, wollte man damit der veränderten Arbeitswelt Rechnung tragen: Alle Arbeitnehmer, auch jene, die kürzer als drei Jahre im gleichen Betrieb arbeiten, sollten Anspruch auf eine Abfertigung haben. Dieser Anspruch sollte auch bei Selbstkündigung nicht verloren gehen, sondern zum nächsten Arbeitgeber mitgenommen werden können. Im Gegenzug nahm man in Kauf, dass die Ansprüche geringer ausfallen würden als bei der „Abfertigung alt“: Hatte man bei dieser nach 25 Arbeitsjahren im gleichen Betrieb Anspruch auf ein Jahresgehalt, so sollte man bei der „Abfertigung neu“ einen solchen Anspruch nach 40 Jahren haben– vorausgesetzt, die Mitarbeitervorsorgekassen würden eine Jahresperformance von sechs Prozent schaffen.

Drei Prozent Performance im Jahr

Inzwischen sind 3,3 Millionen Österreicher im System der „Abfertigung neu“ erfasst. Ihre Arbeitgeber zahlen 1,53Prozent des Bruttolohns in eine der zehn Mitarbeitervorsorgekassen ein. Diese verwalten derzeit ein Vermögen von 2,83 Mrd. Euro– und schafften bis dato eine jährliche Performance von drei Prozent. Hält dieser Trend an, dürften die Abfertigungen oder Zusatzpensionen, die die Berechtigten nach einem 40-jährigen Arbeitsleben erhalten, deutlich unter einem Jahresgehalt zurückbleiben.

Die Gewerkschaft fordert daher, die Beiträge der Arbeitgeber zu erhöhen, ein Ansinnen, das die Wirtschaftskammer naturgemäß zurückweist. Die Mitarbeitervorsorgekassen verweisen darauf, dass aufgrund der Kapitalgarantie und der Möglichkeit, das Geld vorzeitig zu entnehmen, nicht mehr drin sei. Viele Verfügungsberechtigte machten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit von der gesetzlichen Möglichkeit einer Barauszahlung Gebrauch, was eine langfristige Veranlagungsstrategie erschwere, kritisieren die Kassen. Bereits nach drei Jahren kann man sich das Geld, wenn man das Unternehmen verlässt, ausbezahlen lassen. Nur bei Selbstkündigung ist das nicht möglich. Im Vorjahr wurden 192 Mio. Euro ausbezahlt.

Proteste der Betroffenen über die geringe Höhe von Abfertigungen und Zusatzpensionen gibt es indes kaum– ganz im Gegensatz zum Pensionskassensystem: Die Pensionskassen, die die Gelder für betriebliche Zusatzpensionen verwalten, schafften in ihrem 18-jährigen Bestehen einen durchschnittlichen Ertrag von 5,9Prozent pro Jahr. Ende der Neunzigerjahre, als man viele direkte Pensionszusagen von Firmen in Pensionskassen übertrug, war man jedoch von höheren Erträgen ausgegangen: Entsprechend wenig zahlten die Arbeitgeber ein beziehungsweise entsprechend hoch wurden die Pensionen anfangs angesetzt. Viele Zusatzpensionen werden seither fast jährlich gekürzt, was hunderte streitbare Pensionskassenberechtigte regelmäßig auf die Barrikaden treibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2010)

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