Studie: Je reicher, desto konservativer

Studie reicher desto konservativer
Studie reicher desto konservativer(c) APA (Laurent Gillieron)
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Wohlhabende Österreicher haben mehr Angst um ihr Geld als Vermögende aus der Schweiz und Deutschland. Und Steuermuffel sind sie auch. Fast jeder zweite erhöhte seit Beginn der Krise den Anteil an Rohstoffen.

Wien(nst). Vermögende Österreicher sind risikoneutrale Anleger, die lieber in nationale Aktien investieren. Und zugleich keine Freude daran haben, Steuern in ihrem Heimatland zu zahlen.

Das ist das Ergebnis einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz, die im Auftrag der LGT-Bank durchgeführt wurde. An der Befragung nahmen 332 Personen teil, die über ein Anlagevermögen von mehr als 500.000 Euro (Österreich), 600.000Euro (Deutschland) und mehr als 900.000 Franken (Schweiz) verfügen.

Vor allem unter österreichischen Vermögenden gibt es einige Besonderheiten: So gaben 43 Prozent der österreichischen Wohlhabenden an, dass sie im Zuge der Krise Angst um ihr Vermögen gehabt hätten. Lediglich 31 Prozent der Deutschen und 28 Prozent der Schweizer teilten diese Befürchtung. Studienautor Teodoro Cocca führt dies darauf zurück, dass Österreich durch sein Engagement in Osteuropa für internationale Schlagzeilen sorgte – und somit auch für Unruhe unter den Wohlhabenden.

Die Krise ist wohl auch der Grund, warum die meisten Reichen mit der Umschichtung ihrer Portfolios begonnen haben. Knapp die Hälfte der Befragten erhöhte seit Beginn der Finanzkrise den Anteil an Rohstoffen. 38 Prozent stockten Cashbestände auf, ein Drittel schichtete zugunsten anderer Vermögenswerte wie Kunst, Schmuck oder Lebensversicherungen um. Viele reduzierten jene Anteile, die in Derivaten, alternativen Anlagen oder Aktien gebündelt waren. Die Mehrheit änderte indes nichts in ihren Portefeuilles.

Mit einem Anteil von 32 Prozent sind Aktien dennoch die wichtigste Form der Anlage. Gut ein Drittel des Vermögens besteht aus Barbeständen. Der Rest verteilt sich auf Anleihen, Rohstoffe oder gemischte Fonds.

Dabei zeigt sich, dass die meisten in ihrem Heimatland investieren. Die Reichen unterscheiden sich damit nicht von den klassische Retailkunden.

Schweizer am „mutigsten“

Dies dürfte vielleicht auch mit der Risikoneigung der Reichen zusammenhängen. „Die meisten glauben, wenn sie in ihrem Heimatmarkt investieren, hätten sie ein geringeres Risiko, weil sie bessere Kontrollmöglichkeiten haben“, sagt Studienautor Cocca. „Aber das stimmt nicht. Es wäre besser, wenn das Risiko international gestreut würde.“ Als Toleranzniveau bei Kursverlusten innerhalb eines Jahres geben Wohlhabende in Summe einen Schnitt von 17 Prozent an, bei den Österreichern liegt er bei acht Prozent.

Der Großteil der Reichen ist nämlich gar nicht so risikofreudig. Zwar gibt gut jeder Vierte an, mehr zu riskieren, allerdings bezeichnet sich auch knapp jeder Sechste als konservativer Anleger. Die überwiegende Mehrheit (59 Prozent) sagt, sie sei risikoneutral. Es gilt: Je größer das Wissen über Finanzprodukte, desto mutiger das Anlageverhalten. Zugleich nimmt aber auch das irrationale Element zu. Studienautor Cocca führt dies auf eine Art „Selbstüberschätzung“ zurück.

Generell sind Schweizer, Männer und Unternehmer mit einem Vermögen zwischen ein und vier Mio. Euro am riskofreudigsten. Anders verhält es sich hingegen bei jenen, die über mehr als vier Mio. Euro verfügen – sie sind eher konservativ in ihrem Anlageverhalten. Cocca sagt: „Wohlhabende haben größere Angst, Geld zu verlieren. Es geht ihnen viel mehr darum, ihr Vermögen zu halten, anstatt es zu vermehren.“

Eines haben die Vermögenden auch gemein: Sie sind nicht froh darüber, dass sie in ihrem Heimatland Steuern zahlen müssen. Während 58 Prozent der Schweizer dies zwar gerne tun, sind es in Österreich bloß 26 Prozent. In Deutschland ist nur gut jeder elfte leidenschaftlicher Steuerzahler.

AUF EINEN BLICK

Wohlhabende sind großteils risikoneutrale Anleger, die maximale Kursverluste von 17 Prozent tolerieren und meist nationale Aktien kaufen. Im Zuge der Finanzkrise reduzierten Vermögende ihre Aktienanteile und erhöhten ihre Rohstoff-Investments.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2010)

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