Jeder sechste Spielsüchtige wird kriminell

Jeder sechste Spielsuechtige wird
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Eine Befragung unter Spiesüchtigen ergab: Im Schnitt häuften diese 41.600 Euro an Schulden an. Jeder sechste wurde kriminell, um Geld für Schulden und neue Spieleinsätze zu bekommen.

Wien (jaz). Spielsucht ist für die Betroffenen ein großes und für die Gesellschaft ein nicht zu unterschätzendes Problem. Laut Schätzungen sind 1,5 Prozent der Österreicher spielsüchtig, weitere drei bis vier Prozent gelten als gefährdet. Welche Konsequenzen das hat, zeigen Befragungen von Spielsüchtigen. Im Schnitt häuften diese 41.600 Euro an Schulden an. Jeder fünfte verlor seinen Arbeitsplatz. Jeder sechste wurde kriminell, um Geld für Schulden und neue Spieleinsätze zu bekommen.

„Ein Verbot des Glücksspiels ist trotzdem undenkbar. Das führt nur dazu, dass das Spielen in die Illegalität abdriftet“, sagte IHS-Chef Bernhard Felderer am Dienstag vor Journalisten. Die Ökonomen seines Instituts haben sich die jüngste Novelle des Glücksspielgesetzes angesehen und auf ihre volkswirtschaftliche Wirkung untersucht. Ohne Auftrag, wie Felderer auf Nachfrage betont.

(c) Die Presse / HR

„Das Gesetz war unbedingt notwendig.“ Vor allem das Automatenspiel habe in den vergangenen Jahren rasante Zuwachsraten gehabt (siehe Grafik) und einer neuen Regelung bedurft. Dass diese zu lax ausgefallen ist, wie Kritiker des Gesetzes monieren, kann Felderer zum Teil nachvollziehen. „Es ist eine großzügige Regelung. Aber das ist der beste Kompromiss, der mit den Ländern möglich war.“

Fast 20.000 Automaten

18.000 Automaten stehen hierzulande in Automatensalons und Wirtshäusern. Weitere 1800 in den Spielstätten der Casinos Austria. Rund 7000 dieser Automaten wurden bisher illegal betrieben – Tendenz steigend. „Bei diesen illegalen Automaten gibt es überhaupt keine Spielerschutzmaßnahmen“, sagt Felderer. Daher war es ein Ziel der Novelle, den Automatenwildwuchs zu beenden.

Wie „Die Presse“ mehrfach berichtete, wird künftig die Höchstzahl an Automaten – exklusive jener der Casinos Austria – auf rund 7000 beschränkt. Das heißt, auch bisher legale Automaten müssen bis spätestens 2014 abgebaut werden. Im internationalen Vergleich hätte Österreich damit eine niedrige Automatendichte (ein Automat auf 1000 Einwohner) – in Deutschland sind es 2,6, in Italien 6,9 und in Australien sogar 24.

Im Gegenzug wird der Maximaleinsatz von 50 Cent auf zehn Euro angehoben. Dies führte zu heftigen Protesten von Kritikern, die der Regierung vorwarfen, eine „Lex Novomatic“ für den gleichnamigen Glücksspielkonzern geschrieben zu haben.

Laut Felderer war es aber weniger die Bundesregierung, die sich für eine möglichst großzügige Regelung eingesetzt hat. Es waren vielmehr die Bundesländer, in denen das Automatenspiel bereits jetzt erlaubt ist (Wien, NÖ, Steiermark, Kärnten). Diese vier Länder erhalten dadurch bisher rund 90 Mio. Euro an Einnahmen pro Jahr.

„Spielsucht ernst nehmen“

Felderer appelliert dennoch an die Länder, bei der endgültigen Umsetzung des Gesetzes – jedes Bundesland muss es noch einmal für sich adaptieren und beschließen – strenger vorzugehen. „Die Spielsucht sollte nämlich ernst genommen werden.“ Laut Studien betragen die volkswirtschaftlichen Kosten allein in der Steiermark bis zu 43,5 Mio. Euro pro Jahr. Warum Menschen spielen, lasse sich ökonomisch ohnehin nicht erklären. Bei einer Auschüttungsquote von 85 bis 95 Prozent „muss“ ein regelmäßiger Spieler sein Geld verlieren, so Felderer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2010)

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