Vorwürfe: Österreich als "Korruptions-Oase"

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Vorwuerfe oesterreich KorruptionsOase(c) BilderBox - Erwin Wodicka (BilderBox.com)
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Ein OECD-Experte sieht Gesetzeslücken im Strafrecht für staatsnahe Unternehmen. Ministerin Claudia Bandion-Ortner verteidigt die Justiz. Sie erhält Rückendeckung von Volksanwältin Gertrude Brinek.

Wien. (pö/red.). Im Gefolge der Ermittlungen um die Causa Hypo wird jetzt neue Kritik an der laschen Vorgangsweise gegenüber Korruption laut. Der Leiter der OECD-Arbeitsgruppe gegen Unternehmenskorruption, der Schweizer Mark Pieth, beklagt die Untätigkeit der österreichischen Justiz. Österreich sei so etwas wie eine „Korruptions-Oase“, sagte Pieth, der Strafrechtsprofessor an der Universität Basel ist, am Freitag im ORF-Radio.

Er bemängelt vor allem das neue Korruptionsstrafrecht, das die OECD im Oktober bewerten will und die Untätigkeit bei Korruptionsskandal beim irakischen „Oil-for-Food-Programm“. Pieth bezweifelt, ob das Korruptionsstrafrecht OECD-konform ist. Es gäbe Gesetzeslücken bei staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen. Vor allem ortet der Experte wenig Hartnäckigkeit der Justiz bei der Verfolgung von Bestechung vom Ausland aus.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner weist jedoch die Vorwürfe wegen des „Oil-for-Food-Programms“ zurück. Die Verletzung von UN-Sanktionen sei in Österreich nicht strafbar gewesen. Mittlerweile ist die Causa verjährt.
Bandion-Ortner stellte sich bei den Causa Hypo und Buwog erneut hinter die Justiz. Es gebe keine politische Einflussnahme, alle würde gleich behandelt. Politiker würden durch das Weisungsrecht der Ministerin nicht bevorzugt.

Den Grünen reicht das nicht. Grün-Abgeordneter Peter Pilz forderte in Klagenfurt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den „FPÖ-Skandalen“ der vergangenen Jahre: „Der Zentralsumpf hat eine einzige Farbe, und die ist blau“. Einen Antrag für den U-Ausschuss wollen die Grünen bei der nächsten Sondersitzung des Nationalrats einbringen.

Schützenhilfe für die Justiz kommt aus der Volksanwaltschaft. „Ich bin ja froh, dass die Staatsanwälte nicht alles liegen und stehen lassen und wie die aufg'scheuchten Hendln die Meischberger-Notizen prüfen und kommentieren, sondern dass sie stringent vorgehen“, sagt die  von der ÖVP gestellte Volksanwältin Gertrude Brinek im Gespräch mit der „Presse“ zu den Ermittlungen fest. Sie ist unter anderem für die Justizverwaltung und die Staatsanwaltschaften zuständig.

„Ich stelle mich schützend vor die Staatsanwälte, die in Verfahren bestimmte Dinge auch nicht zu sagen haben. Sie müssen der Öffentlichkeit nicht jede Sprechblase übermitteln.“ So kontert sie auf Vorwürfe der Ex-Präsidenten des Rechnungshofs, Franz Fiedler, und des Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, die Justiz arbeite in Fällen um Ex-Politiker schleppend.

„Das sind alles Gewesene“, sagt Brinek über Fiedler und andere, die sich nun zu den Affären Haider, Buwog oder Hypo äußern. Dabei sollten sie nach ihrer Meinung „Zurufe von außen unterlassen, mit denen sie der Justiz und den Staatsanwälten schaden“, statt als „Besserwisser“ aufzutreten.

Schelte für Kollegin Stoisits


Auch ihre Volksanwaltschaft-Kollegin, die grüne Ex-Justizsprecherin Terezija Stoisits, kann Brinek nicht verstehen: Stoisits hatte in der „Presse“ vom Freitag gemeint, wenn Ermittlungen „Monate und Jahre“ dauern, dränge sich „der Verdacht auf, dass man die Möglichkeiten, die man hat, nicht dorthin konzentriert“. Damit hatte Stoisits Kritik an der Justizministerin geübt, nicht ausreichend Personal und Geld für die Untersuchungen der „illustren“ und eigentlich drängendsten Causen zur Verfügung zu stellen.

Brinek verteidigt nun die Justizministerin: Es gebe wohl „kein Ressort, wo es nicht mehr Ressourcen bräuchte. Das ist eine substanzlose Aussage.“ Außer der Frage nach den Ressourcen müsse man auch überlegen, wie man die Gerichte entlasten kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2010)

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