Meischberger: "Haider war der Chef, nicht Grasser"

Walter Meischberger  Foto: Clemens Fabry
Walter Meischberger Foto: Clemens Fabry(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Walter Meischberger erzählt im "Presse"-Interview exklusiv: Über sein "Tagebuch" und die geheimen Haider-Millionen, den Buwog-Deal und warum er glaubt, dass er für seine Provision keine Steuer zahlen muss.

„Die Presse“: Führen Sie noch Tagebuch?

Walter Meischberger (lacht): Ich überlege, wieder damit anzufangen. Scherz beiseite, ich mach mir mein ganzes Leben lang Aufzeichnungen. Ich wundere mich, dass es möglich ist, in privaten Notizen eines Bürgers herumzuschnüffeln, das kennt man nur aus Diktaturen. Noch sind in diesem Land die Gedanken frei – ich bin weder angeklagt noch verurteilt. Für mich ist es erschütternd, dass derartige private Gedanken, die ich als therapeutisches Mittel gegen den enormen Druck, dem ich mich von Medien und Behörden ausgesetzt fühle, gesehen habe, an die Öffentlichkeit gelangen.


Ihr Anwalt sagt, in Ihren Notizen würden „Fiktion und Realität, Wunsch und Wirklichkeit“ verschwimmen. Einen Roman wollten Sie wohl keinen schreiben?

Meischberger: Es war schon als Romanvorlage geschrieben, spannend, emotional, ich habe Fiktion und Realität vermischt. Jörg Haider hat mich das gelehrt, von sich in der dritten Person zu sprechen, wenn man im öffentlichen Spiel ist. Für mich war es eine Möglichkeit Druck abzubauen, mir einen Roman vorzustellen, in dem der Meischberger eine Rolle spielt, wo ich das von außen betrachte.


Sie haben also einen Roman mit dem Titel Buwog geschrieben?

Meischberger: Man soll das nicht ins Lächerliche ziehen.


Wie haben Sie das Notizbuch geschrieben, immer wieder oder in einem durch?

Meischberger: Ich habe zwischendurch viele Wochen gar nicht geschrieben.


Das Notizbuch scheint aus einem Guss, mit einem einzigen Stift geschrieben zu sein.

Meischberger: Woher haben Sie das? In der Öffentlichkeit wurden ja nur einige Teile präsentiert. Ich weiß auch nicht mehr, was im Detail drinnen steht.


Wie war das nun mit den Gerüchten über die Haider-Konten?

Meischberger:  Das waren Gerüchte, die jahrelang kursierten, darauf habe ich den Franz Koloini angesprochen. Er hat gesagt, er hört das auch. Dann hat er noch ein paar Features dazu gegeben.


Glauben Sie, dass Haider Konten im Ausland hatte?


Meischberger: Glauben heißt nichts wissen. Ich weiß nichts Konkretes. Ob ich es mir vorstellen kann? Ja, warum auch nicht.


Wollten Sie mit dem Notizbuch von der Buwog-Affäre (Verkauf der Bundeswohnungen an die Immofinanz, Anm.) ablenken, in die Sie verwickelt sind?

Meischberger: Ich sehe das mit Belustigung, obwohl es gar nicht lustig ist. Die Buwog-Suppe ist sehr dünn, aber viel zu heiß gekocht.


Für welche konkrete Leistung beim Buwog-Verkauf haben Sie die 7,7-Millionen-Euro-Provision (den Rest auf 9,6 Mio. Euro kassierte Peter Hochegger, Anm.) bekommen?

Meischberger: Da möchte ich ausholen: Ich bin ein Einzelkämpfer, der von Agenturen hinzugezogen worden ist, um eine Expertise zu liefern, auf das habe ich mich jahrelang vorbereitet. Im speziellen Fall habe ich eins und eins zusammengebaut – Sie wissen ja, das Leben ist ein Puzzle. In der Politik lernt man die Entscheidungsabläufe kennen, das System Österreich. In der schwarz-blauen Regierung öffnete sich für mich als früherem freiheitlichen Abgeordneten das richtige Zeitfenster für meine Lobbyingtätigkeit. In der rot-schwarzen Regierung war ich ja nur am Rande interessant. In dieser Phase habe ich meine enge Freundschaft zu Karl-Heinz Grasser nicht aufgegeben. Wir haben Geschäftliches und Privates immer sehr genau getrennt. Ich habe ihn beruflich nie etwas gefragt, was ihn in die Bredouille gebracht hätte. Ich habe mir speziell die Immobilien-Privatisierungen angesehen. Ich war schon bei der BIG-Privatisierung tätig, da haben wir jedoch nicht gewonnen.


Seit wann kennen Sie Hochegger?

Meischberger: Seit Ende der 90er Jahre. Er hat nach außen die Kontakte hergestellt und Projekte akquiriert, ich lieferte die Expertise.


Zurück zur Provision: Der Vorwurf lautet, Sie hätten das Angebot der CA Immo weitergegeben, damit die Immofinanz überbieten kann.

Meischberger: Ich habe mit Herrn Petrikovics (Ex-Immofinanzchef, Anm.) nie ein Wort gesprochen, ich kenne ihn nicht. Das war die Aufgabe von Hochegger, der mit der Immofinanz Geschäftskontakte hatte. Was er wie weitergegeben hat, weiß ich nicht. Meine Aufgabe war etwa, mit Jörg Haider zu sprechen. Der war der Chef in der ganzen Geschichte, nicht der Grasser. Wegen des Vorkaufsrechts des Landes Kärnten auf die Bundeswohnungen war Haider der Machthaber in der Entscheidung CA Immo oder Immofinanz. Ich habe aus Haiders Verhalten lesen können, dass er bei einem entsprechenden Preis das Vorkaufsrecht nicht in Anspruch nehmen würde. Da habe ich gesagt: Bietet sehr hoch für den Kärntner Teil und geht dafür in der Gesamtsumme runter.


Wem haben Sie das gesagt?

Meischberger: Hochegger. Er hat das weitergegeben, das war ja die entscheidende Information. Alle reden von der blöden Kaufsumme, die konnte ich ja nicht wissen, nur spüren. Die kannten aber ohnedies viele. Das Geschäft wurde hochprofessionell abgewickelt, ich habe das beste Gewissen.


Haider hat nichts bekommen?

Meischberger: Sie fragen Sachen... Ich weiß nichts davon.


Warum haben Sie das Honorar nicht über ihre Firma abgewickelt, sondern über die Konstruktion namens Astropolis in Zypern?

Meischberger: Ich habe damals die Steuerfrage sehr nachlässig behandelt – das würde ich heute nicht mehr tun. Ich hatte so etwas in dieser Größenordnung ja auch noch nie gemacht. Ich habe mich darauf verlassen, dass der Hochegger und die Immofinanz das richtig machen. Eine Sieben-Millionen-Provision in meiner kleinen Firma wäre verdächtig gewesen, da hätte ich eine Steuerprüfung bekommen. Ich wusste auch um die Optik, dass Grasser und ich Freunde sind. Ich wollte ihn nicht kompromittieren. Also konnte ich das nicht selbst abrechnen.


Sie sind der Meinung, dass Sie die Buwog-Provision nicht versteuern müssen?

Meischberger: Ja. Es gibt ein Buwog-Begleitgesetz, wonach die im Zusammenhang mit dem Buwog-Verkauf stehenden Vorgänge steuerfrei gestellt sind. Und zwar sämtliche damit in kausalem Zusammenhang stehenden Vorgänge. Das betrifft auch meine Arbeit. Das wird noch ein heißes Thema.


Was bedeutet das – die Finanz ist ja anderer Ansicht?


Meischberger:  Ich habe eine Selbstanzeige gemacht. Ich wehre mich aber gegen die Steuervorschreibung, die auch Umsatzsteuer beinhaltet. Seinerzeit bei der Buwog-Vergabe wurde keine Umsatzsteuer verrechnet, weil wir davon ausgehen, dass unsere Tätigkeit Vermittlung und nicht Beratung war. Für Vermittlung zahlt man keine Umsatzsteuer. Die Finanz hat mir Umsatzsteuer vorgeschrieben, die ich gar nicht kassiert habe. Die Einkommenssteuer könnte ich leisten, würde man meine Konten in Liechtenstein nicht sperren.


Erwarten Sie eine Anklage?

Meischberger: Ich bin kein Steuerhinterzieher, vielleicht ein säumiger Steuerzahler – und ich habe eine andere Rechtsmeinung. Der mediale Druck ist aber so groß, dass es jedem Staatsanwaltschaft schwer fallen wird, nicht anzuklagen. Ich sehe keinen Vorwurf, der eine Anklage begründet.

Sie haben sich 1999 den Verzicht auf ihr Nationalratsmandat um 2,5 Millionen Schilling abkaufen lassen. Das haben Sie nicht versteuert. Sie nehmen es mit der Steuermoral anscheinend nicht so genau.

Meischberger: Eine kühne Unterstellung. Meine Steuermoral ist nicht besser oder schlechter als die eines durchschnittlichen Geschäftsmannes. 1999 war ich mit den Meinen (FPÖ, Anm.) nicht mehr ganz grün. Sie haben mich gedrängt, das Mandat zurückzugeben. Dagegen stand meine Polit-Pension, die ich in nicht einmal 40 Tagen erreicht hätte und für die ich zehn Jahre ungefähr diese Summe eingezahlt habe. Das wäre restlos weggewesen. Dann wurde mir das Sparbuch angeboten mit dem Losungswort „Rückgabe“. Wenn ich wieder ein Mandat bekäme, würde ich es zurückgeben. Es ist für mich eine Art Kaution.


Das Geld liegt also auf Eis?

Meischberger: Nein, ich habe es verwendet, ich habe es gebraucht.


Sie haben als Lobbyist auch für die Telekom Austria gearbeitet, für die Novomatic, für die Porr – alles in der Zeit von Finanzminister Grasser. Schon eine schiefe Optik, oder?

Meischberger: Ohne Zweifel. Aber ich war Lobbyist vor der Grasser-Ära und danach. Aber wer mit den Haifischen schwimmt, darf nicht jammern, wenn sie zwicken.


Sie sind auch an der Prater-Sauna beteiligt?

Meischberger: Das ist eines der Immobilien-Investments, die mein Freund Ernst Karl Plech für mich getätigt hat. Mit ihm habe ich lange gute Geschäfte gemacht. Aus heutiger Sicht würde ich meine langfristigen Veranlagungen aber nicht mehr so mit ihm machen, um eine offensichtlich schiefe Optik zu vermeiden.


Würden Sie das Buwog-Geschäft aus heutiger Sicht angesichts des Wirbels noch einmal machen?

Meischberger: In Teilen würde ich es anders machen. Aber das Geschäft selbst, das würde ich auf jeden Fall noch einmal machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Nach Dauerkritik BandionOrtner fuer
Innenpolitik

Nach Dauerkritik: Bandion-Ortner für Reformoffensive

Kronzeugenregelung ab 2011; mehr Wirtschafts-Know-how für Staatsanwälte. Bandion-Ortner will dadurch erreichen, dass "mehr Leute auspacken". Ausgenommen sind Sexualdelikte und Taten mit Todesfolge.
Politaffären: BZÖ fordert ständigen U-Ausschu
Politik

Polit-Affären: BZÖ fordert ständigen U-Ausschuss

Das BZÖ schlägt einen ständigen "Anti-Korruptions-U-Ausschuss" vor, der alle neu auftauchenden Fälle untersuchen soll. Der Ausschuss soll der "politischen Selbstreinigung" dienen.
Recht allgemein

Warum die Justiz schläft

Wenig Personal, wenig Know-how: Die Gründe für die aktuellen Probleme der Staatsanwaltschaft. Die Justizministerin kündigt ein Reformpaket mit Kronzeugenregelung an, damit mehr Kriminelle „auspacken“.
Österreich

Jarosch: Jeder glaubt, es gibt diese Nähe zur Politik

Staatsanwälte-Präsident Gerhard Jarosch sieht die Anklagebehörden in einer kritischen Situation. Die Regierung hat immerhin ein wenig mehr Personal für die Justiz zur Verfügung gestellt. Es wird nicht reichen.
Österreich

Bandion-Ortner: Ist das der Weisung letzter Schluss?

Nicht in allen Staaten steht über den Staatsanwälten Politiker. Doch wichtiger sei die jeweilige Kultur der Justiz, sagt ein Experte. Die Idee, Politiker an die Spitze der Anklagebehörde zu stellen, ist üblich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.