Bawag: Lange U-Haft für OGH nicht gegen Grundrecht

Helmut Elsner
Helmut Elsner(c) dapd (Hans Punz/ap)
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Für den OGH ist die mehr als vier Jahre dauernde U-Haft von Ex-Bawag-Chef Elsner nicht unverhältnismäßig. Grund ist die Höhe der in erster Instanz verhängten Freiheitsstrafe.

Für den Obersten Gerichtshof (OGH) stellt die mittlerweile fast vier Jahre andauernde U-Haft des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner keine Grundrechtsverletzung dar. Eine Unverhältnismäßigkeit sei "angesichts der Höhe der in erster Instanz verhängten Freiheitsstrafe nicht gegeben", so der OGH im Anfang Oktober getroffenen Erkenntnis 14 Os 133/10f, das vor wenigen Tagen im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) veröffentlicht wurde. Elsners Grundrechtsbeschwerde wurde folglich als unbegründet abgewiesen. Damit dürften sich die Chancen für Elsner reduziert haben, vor seinem Berufungsverfahren am 22. Dezember auf freien Fuß zu kommen.

Der mittlerweile 75-jährige Ex-Banker ist im Juni 2008 in der Bawag-Affäre zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Kurz vor Weihnachten entscheidet der OGH über die dagegen eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde der Elsner-Anwälte, wobei sich die Generalprokuratur für die Bestätigung von 14 von insgesamt 18 Untreue-Fakten - damit verbleibende Schadenssumme: 1,4 Mrd. Euro - und die Aufhebung der Anklagepunkte schwerer Betrug und Bilanzfälschung ausspricht. Eine Strafminderung für Elsner scheint damit zumindest möglich, wobei die U-Haft zur Gänze auf das endgültige Strafausmaß anzurechnen wäre. Der OGH ist allerdings an die Rechtsansicht der Prokuratur nicht gebunden.

"U-Haft unbedenklich"

Der OGH hält es jedenfalls für rechtlich unbedenklich, dass das Wiener Oberlandesgericht (OLG) bei Elsner nach wie vor von Fluchtgefahr ausgeht und daher sämtliche bis Ende August eingebrachten Enthaftungsanträge zurückgewiesen hat. Der OGH bestätigt explizit die Einschätzung das OLG, dass mit der "offenen" neuneinhalbjährigen Haftstrafe ein "gewichtiger Umstand" vorliegt, der in Verbindung mit weiteren Punkten - konkret genannt werden Elsners "Bezug zum Ausland", "im Verfahrensverlauf bereits unternommene Anstrengungen, sich dem von ihm nicht akzeptierten Strafverfahren und dem Zugriff österreichischer Strafverfolgungsbehörden zu entziehen" sowie "die Annahme eines für eine Flucht mit Gründung einer neuen Existenz an sicherem Ort sowie die Finanzierung des Unterhalts ausreichenden Fluchtfonds" - "einen willkürfreien Schluss auf Fluchtgefahr" zulassen.

Das Höchstgericht pflichtet dem OLG weiters bei, dass bei Elsner eine Kaution oder Sicherheitsleistung von dritter Seite in Verbindung mit weiteren gelinderen Mitteln - etwa Abgabe des Reisepasses - "ungeeignet ist, den Haftzweck zu erreichen". Das OLG habe sich bei dieser Rechtsansicht zutreffenderweise "auf die aus den mutmaßlichen Malversationen erhellende massiv gegen Treu und Glauben gerichtete Einstellung des Angeklagten und darauf bezogen, dass 'dessen naheliegende Skrupellosigkeit und Unverfrorenheit' in der Verfolgung eigener Interessen durch bestimmte Umstände indiziert ist."

Dessen ungeachtet hat Elsners Verteidiger Jürgen Stephan Mertens bereits einen weiteren Enthaftungsantrag angekündigt, sollte das OLG auch den elektronisch überwachten Hausarrest für seinen Mandanten ablehnen. Das Wiener Straflandesgericht hatte die Fußfessel in erster Instanz verwehrt, weil diese nicht geeignet sei, den Haftgrund Fluchtgefahr zu ersetzen.

(APA)

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