Verbund stolpert über ein Millionengrab in Frankreich

Verbund stolpert ueber Millionengrab
Verbund stolpert ueber Millionengrab(c) Reuters (Lisi Niesner)
  • Drucken

Ein teures Abenteuer in Frankreich, zu wenig Regen und niedrige Strompreise zwingen den Verbund zu einer Gewinnwarnung. Die geplante Kapitalerhöhung kommt im November.

[wien]„Wir verbrennen hier Geld“, wusste Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber schon im Frühjahr des heurigen Jahres über seine Abenteuer in Frankreich zu berichten. Fünf Monate später ist es so weit: Der Stromerzeuger muss 42,8 Mio. Euro wegen seiner französischen Tochter Poweo abschreiben und verhagelt sich damit nicht nur die Quartalsbilanz, sondern muss auch die Gewinnprognose für das Gesamtjahr deutlich zurücknehmen. Zum Jahresende werde der Gewinn demnach 35 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, gab das mehrheitlich staatliche Unternehmen am Donnerstag bekannt. Bisher war der Konzern von einem Rückgang um rund ein Viertel ausgegangen.

Jeder Endkunde ist ein Verlustgeschäft

Eine Ursache dafür ist eben in Frankreich zu suchen. Drei Millionen Euro operativen Verlust im Monat prognostizierte die 46-Prozent-Tochter dem größten heimischen Stromerzeuger unlängst. Denn entgegen aller Ankündigungen wartet der französische Markt noch auf seine Liberalisierung. Heute erfreuen sich die Kunden an staatlich reglementierten Preisen, zu denen nur der staatliche Energieriese EdF mit seinen abgeschriebenen Atomkraftwerken profitabel anbieten kann. Für die Verbund-Tochter ist hingegen jeder Endkunde ein Verlustgeschäft. Schon zu Jahresbeginn hätte ein neues Gesetz vorliegen sollen, das den alternativen Anbietern eine bestimmte Menge an billigem EdF-Strom sichern und neue Energiepreise vorschreiben sollte. Noch wartet die Branche vergeblich auf das Gesetz. Ändert sich daran nichts, werde man aus dem Endkundengeschäft aussteigen, sagt eine Verbund-Sprecherin zur „Presse“.

Seit sich der Verbund im Jahr 2006 an der Poweo beteiligt hat, pumpte das Unternehmen 300 Mio. Euro nach Frankreich. Auch die millionenschwere Abschreibung dürfte nicht der Schlusspunkt gewesen sein. Nicht umsonst hat der Verbund zusätzliche neun Mio. an Rückstellungen für das letzte Quartal für die französische Tochter beiseite gelegt. Auch die Hoffnung des Verbunds, durch das Frankreich-Engagement bessere Karten im Poker um französische Wasserkraftlizenzen zu haben, hat sich bisher nicht erfüllt. Zwar hat die Regierung die Ausschreibung bereits mehrfach angekündigt, passiert ist aber auch hier noch nichts.

Kapitalerhöhung: 800 Mio. Euro vergeben

Neben dem teuren Engagement in Frankreich sieht der Verbund auch die schwache Wasserführung und niedrige Strompreise als Grund für den Gewinnrückgang. In den ersten neun Monaten des heurigen Jahres hat das Unternehmen 2,4 Mrd. Euro erlöst, ein Minus von 1,7 Prozent. Unter dem Strich verdiente der Verbund 334 Mio. Euro, nach 552 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum.

Alexander Reisenberger, Chefanalyst bei Cheuvreux, beruhigt: „Die Gewinnwarnung war sicher eine negative Überraschung.“ Andererseits sei das „hoffentlich ein Einmaleffekt“, den der Markt schon „bald vergessen“ habe. Die strategische Ausrichtung des Unternehmens stimme unverändert. Am Donnerstag wollten oder konnten die Aktionäre noch nicht vergessen: Die Aktie verlor zwischenzeitlich über zwei Prozent an Wert. Spätestens bis Anfang November sollten die schlechten Nachrichten aus dem Gedächtnis gelöscht sein. Dann will der Verbund nämlich seine heftig umstrittene Kapitalerhöhung platzieren. Reisenberger erwartet hier keinerlei negativen Überraschungen. Da der Mehrheitseigner Republik Österreich, EVN, Wienstrom und Tiwag bereits angekündigt haben mitzuziehen, seien für 800 Mio. Euro der eine Milliarde schweren Kapitalerhöhung auch schon sichere Abnehmer gefunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29. Oktober 2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.