Geld nicht verschwunden, sondern verschoben? Ruth Elsner fordert U-Haft für Justizministerin Bandion-Ortner und Ex-Bawag-Staatsanwalt Krakow.
WIEN. Mit einem neuen Gutachten versuchen die Anwälte von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner die Unschuld ihres Mandanten zu beweisen. Der Sachverständige Oliver Lintner, Experte für Hedge Fonds, komme darin zum Schluss, dass ein Totalverlust der Bawag-Gelder in den UniBonds, wie von Wolfgang Flöttl im Prozess dargestellt, fast unmöglich sei, schilderten die Elsner-Anwälte Jürgen Stephan Mertens und Andreas Stranzinger am Donnerstag vor Journalisten in Wien.
Schwere Vorwürfe gegen Justiz
Elsners Ehefrau Ruth hat heute erneut schwere Vorwürfe gegen die Ex-Bawag-Richterin und heutige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) sowie gegen den BAWAG-Staatsanwalt und heutigen Kabinettschef Bandion-Ortners, Georg Krakow, erhoben.
"Flöttl hat BAWAG-Gelder verschoben"
Die Causa Bawag sei zum "Kriminalfall" geworden, sagte Ruth Elsner. Flöttl habe die Bawag-Gelder nicht verloren, sondern "verschoben". Auch Korruptionsverdacht stellte Ruth Elsner heute in den Raum, da die Justiz verabsäumt habe, sich um die verschwundenen Bawag-Millionen zu kümmern. Sie fordert die Verhängung der U-Haft über Bandion-Ortner sowie über Krakow wegen "Verdunkelungsgefahr". Über Flöttl solle die U-Haft wegen "Fluchtgefahr" verhängt werden. "Mein Mann sitzt in Haft, und er geht in New York spazieren", empörte sie sich. Als einziger der neun Bawag-Angeklagten sitzt Elsner in Untersuchungshaft.
"Totalverlust erscheint sehr unwahrscheinlich"
Das 31-seitige Gutachten von Oliver Lintner, gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Börsen- und Bankwesen, sei nur ein erstes Teilgutachten, weitere würden folgen, kündigte Mertens heute an. Lintner hat ein Privatgutachten im Auftrag von Mertens angefertigt. In dem 31-seitigen Gutachten, das der APA vorliegt, kommt der Sachverständige zu dem Schluss, dass keine der untersuchten Veranlagungsstrategien Flöttls im Herbst 2000 unerwartet hohe oder signifikante Verluste erlitten hätten. "Daher erscheint für alle Uni-Bonds ein Totalverlust im Rahmen der umgesetzten Strategien im Herbst 2000 sehr unwahrscheinlich".
Computerabsturz nicht nachvollziehbar
Auch dass Flöttl im Verfahren unter Berufung auf einen Computerabsturz entscheidende Daten zu seinen Spekulationsgeschäften nicht vorgelegt habe, kann der Gutachter nicht nachvollziehen. "Ein Computergebrechen beim Investment Manager (also Flöttl, Anm.) ist für die Dokumentation der getätigten Geschäfte, Buchungen und Rechenwerte aufgrund der Existenz eines unabhängigen Administrators irrelevant."
Da die "Bank of Bermuda" als Administrator in den Papieren angeführt sei, habe diese Buchhaltung und Berechnung des Rechenwertes (NAV) durchgeführt und über alle notwendigen Unterlagen verfügt. Auch beim Wirtschaftsprüfer und beim Prime Broker müssten Unterlagen archiviert werden, so das Gutachten.
Elsner: Berufungsverhandlung am 22. Dezember
Das erstinstanzliche Urteil über Elsner steht am 22. und 23. Dezember bei einer Berufungsverhandlung vor dem OGH auf dem Prüfstand. Die beim OGH eingerichtete Generalprokuratur (gleichsam die als "Hüterin" des Rechts eingerichtete oberste Anklagebehörde) fordert in einem Croquis eine teilweise Aufhebung des von Bandion-Ortner ausgefertigten Urteils. Elsners Anwälte rechnen letztlich mit einer völligen Entlastung ihres Mandanten.
(APA)