Das österreichische Banken-Leak

oesterreichische BankenLeak
oesterreichische BankenLeak(c) EPA (MARTIAL TREZZINI)
  • Drucken

Washington ist über die Geschäfte österreichischer Banken in Osteuropa und mit Ländern wie dem Iran und Nordkorea „besorgt“. Dies geht aus den nun von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten hervor.

WIEN/MOSKAU/EST/red. Nun wurden auf der Enthüllungs-Plattform WikiLeaks die ersten Geheimdepeschen aus der US-Botschaft in Wien freigeschaltet: Die Dokumente mit den Referenznummern 05VIENNA3833 (7.12.2005) und 06VIENNA515 (17.2.2006) enthalten durchaus brisantes Material – vor allem, wenn man US-Depeschen aus anderen Botschaften dazu liest. In den Wiener Depeschen geht es um mögliche Kontakte zur Ostmafia, Hilfe für die Regimes des Iran und Nordkoreas und um Abwicklung der Gelder mutmaßlicher Untergrundgruppen aus dem Nahen Osten. Die Amerikaner interessierten sich dabei vor allem für die Rolle der österreichischen Banken.

Etwa für das Engagement der Raiffeisen Investment AG (RIAG) in der Ukraine und Verbindungen zum russisch-ukrainischen Gaszwischenhändler RosUkrEnergo (RUE). So heißt es in dem Bericht: „Ein Mitarbeiter der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) erzählte uns am 14. Februar, dass der FMA nicht ganz wohl bei der Beteiligung von Raiffeisen Invest bei RosUkrEnergo sei (. . .).“ Die FMA habe sich aber damit zufrieden gezeigt, dass eine interne RIAG-Ermittlung und eine Ermittlung des US-Consulters Kroll keine Verbindungen zum russischen Mafiaboss Semyon Mogilievich festgestellt hätten.

Zu einem ähnlichen Ergebnis ist auch der Bankenausschuss in Österreich Ende 2006 gekommen. Dieser sollte prüfen, wer neben der russischen Gazprom die anderen 50 Prozent an RUE hält. Monatelang waren sie von RIAG treuhänderisch gehalten worden. Hartnäckig war das Gerücht kursiert, dass dies zugunsten des Paten Mogilievich geschah, der seit Jahren vom FBI gesucht wird, weil mit zehn Mrd. Dollar Waffen- und Drogenexporte finanziert worden sein sollen. Erst Mitte 2006 gab RIAG als Hauptbegünstigten jemand anderen bekannt: Nämlich Dmitro Firtasch, dessen Holding „Group DF“ in Wien registriert ist und dessen RUE nach zwischenzeitlicher Eliminierung aus dem russisch-ukrainischen Gasgeschäft nun dort wieder rehabilitiert ist.

Brisante Botschaftsakte aus Kiew


Wovon die US-Depesche aus Wien freilich nicht spricht, lässt sich in einem Gegenstück aus Kiew nachlesen, das WikiLeaks nun auch veröffentlichte, und in dem Firtasch selbst zu Wort kommt.
Was der US-Botschafter in der Ukraine, William Taylor, am 10. Dezember 2008 im File „S E C R E T KYIV 002414“ berichtete, ist brisant: Firtasch, heute einer der wichtigsten Unterstützer von Staatspräsident Viktor Janukowitsch, hatte Taylor zwei Tage zuvor um einen Termin gebeten und erzählt, er habe gezwungenermaßen Verbindungen zur Organisierten Kriminalität gehabt, weil man andernfalls in den turbulenten postsowjetischen Jahren kein Geschäft hätte aufbauen können. Ja, und er habe auch wiederholt den Segen von Semyon Mogilievich einholen müssen. Mit diesem gemeinsam würde er auch Offshore-Firmen besitzen, heißt es in anderen Depeschen. Von der Raiffeisen Investment Holding AG heißt es: „Kein Kommentar.“

BA/CA-Nordkorea-Connection


Eine andere Depesche vom 17. Februar 2006 enthält Brisantes zum Thema BA/CA und Nordkorea: Daraus geht hervor, dass die Bank Geschäftsbeziehungen in das stalinistische Land hatte – sehr zum Missfallen der USA. Und dass sie dieses Geschäft offenbar auf amerikanisches Drängen hin aufgab. Nach einem Gespräch mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe CEO Erich Hampel zugestimmt, „die geschäftlichen Beziehungen zu nordkoreanischen Rechtspersönlichkeiten zu beenden“, heißt es. Möglicherweise habe die BA/CA dies getan, um ihren guten Ruf zu erhalten, spekuliert die namentlich nicht genannte Quelle.

Ein Dorn im Auge war den USA auch die Beteiligung österreichischer Banken in Iran-Geschäften: So habe die Creditanstalt eine Zahlung der Firma Novin Energy, die am iranischen Nuklearprogramm beteiligt sein soll, abgewickelt. Bei der Finanzmarktaufsicht haben diese Geschäfte kein Misstrauen erregt. Aus Sicht der Bank Austria sei es zu „keinem Zeitpunkt zu einem Konflikt mit den einschlägigen Sanktionsmaßnahmen der UNO und der EU gekommen“.

Passenderweise demonstrierte am Donnerstag die Initiative „Stop the Bomb“  in Wien vor der Wirtschaftskammer – gegen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran.


WEITERE INFORMATIONEN UNTER:
cablegate.wikileaks.org

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.