Die nach einem „Presse“-Bericht erfolgte Ablöse des für Helmut Elsner zuständigen Richters bringt nun das Justizressort unter Druck.
Wien. Das Bawag-Verfahren um Helmut Elsner und Co. geht ins Finale. Für den 22. und 23. Dezember hat der Oberste Gerichtshof (OGH) Gerichtstage angesetzt. An diesen wird über die Rechtsmittel gegen die erstinstanzlichen Verurteilungen entschieden. Kürzlich hatte der OGH nach einem Exklusivbericht der „Presse“ den (ursprünglich) zuständigen Senatspräsidenten Thomas Philipp per Beschluss vom Bawag-Verfahren ausgeschlossen. Grund: Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters. Der Beschluss enthält nun OGH-Kritik am Justizressort.
Kurz die Vorgeschichte: Der für Ex-Bawag-General Elsner (er bekam in erster Instanz neuneinhalb Jahre Haft) zuständige Senatspräsident Philipp hat sich bei Justizministerin Claudia Bandion-Ortner – also bei der seinerzeitigen Bawag-Richterin – um die Stelle eines OGH-Vizepräsidenten beworben. Dadurch entstand der Eindruck einer möglichen Abhängigkeit des Richters von der Ministerin (sie kam mit einem ÖVP-Ticket in die Bundesregierung).
Noch kritischer wurde die Lage, weil die Generalprokuratur in einem Rechtsgutachten schwere Kritik an den von Bandion-Ortner gefällten Ersturteilen übte. Seither sind alle Augen auf den zuständigen OGH-Senat gerichtet. Verständlich, dass der OGH kürzlich die Notbremse gezogen und ein anderes Mitglied des für den Bawag-Prozess zuständigen Fünf-Richter-Senats, nämlich Rudolf Lässig, zum neuen Vorsitzenden gemacht hat.
Im diesbezüglichen Beschluss wird die „missliche Optik“, die zuvor bestand, zugestanden. Jedoch, so wird betont, „ohne irgendein Verschulden des involvierten richterlichen Organs“. Philipp sehe sich zwar selbst „in keiner Weise voreingenommen“, daneben sei aber auch „die objektive Unparteilichkeit des Gerichts zu prüfen“.
Dabei „kann mit fortschreitender Zeit selbst für einen streng objektiven Beobachter ein Konnex zwischen der von diesem Richter angestrebten, allerdings (immer noch) ausstehenden Ernennung und der anstehenden richterlichen Entscheidung im anhängigen Rechtsmittelverfahren zumindest nicht ausgeschlossen werden“.
Verdächtiges Warten
Der OGH weist also auf das zeitliche Moment hin. Es falle „besonders ins Gewicht, dass nach außen hin kein Grund für eine mehrmonatige Verzögerung der Ernennung eines Vizepräsidenten“ des OGH „erkennbar“ sei.
Zur Erklärung: Schon am 25.August wurden sämtliche Bewerbungen dem Ministerium übermittelt. Warum lässt sich die Justizministerin so lange Zeit, ehe sie dem Bundespräsidenten vorschlägt, wer (es gibt ja mehrere Bewerber) neuer OGH-Vize werden soll? Will sie tatsächlich die Bawag-Gerichtstage abwarten?
Elsners Anwälte sagen jedenfalls: „Die Verteidigung sieht sich in ihrer Vermutung bestärkt, dass auf das Verfahren politisch Einfluss genommen werden soll.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2010)