Geschäfte mit Freunden: Eine Chronologie

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Die Buwog-Affäre spült immer neue lukrative Deals im Umfeld des Finanzressorts an die Oberfläche, bei denen Peter Hochegger, Walter Meischberger, Karl-Heinz Grasser und Freunde eine Schlüsselrolle spielen.

Wien. Da staunten die Ermittler der Staatsanwaltschaft Wien nicht schlecht: Als sie sich im Zuge der Untersuchung des Constantia/Immofinanz-Skandals den früheren Immoeast-Finanzvorstand Christian Thornton vorknöpften, plauderte dieser aus der Schule. Im Auftrag von Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics habe er in Tranchen insgesamt 9,61 Mio. Euro an eine Firma des PR-Unternehmers Peter Hochegger auf Zypern gezahlt. Es sei ein Erfolgshonorar für Hocheggers Tätigkeit im Rahmen der Buwog-Privatisierung gewesen, dafür seien fiktive Rechnungen und Honorarnoten erstellt worden – für Leistungen, die nie erbracht worden seien.

Die Buwog-Affäre war „geboren“, und die Räder der Justiz begannen zu mahlen. Wenige Wochen und eine Sachverhaltsdarstellung der Grünen später stand fest: Der „Nebenschauplatz“ des Immofinanz-Skandals ist ein Wirtschaftskrimi wie er seinesgleichen sucht. Im Mittelpunkt des Netzwerks: der damalige Finanzminister, Karl-Heinz Grasser. Die Provision ging übrigens nicht nur an Grasser-Freund Hochegger, sondern auch an den Grasser-Trauzeugen Walter Meischberger.

Das Lobbyisten-Duo, das die Provision zu versteuern „vergaß“, zählte mit Grasser bald ebenso zu den Beschuldigten wie Grassers damaliger Kabinettchef, Heinrich Traumüller, sowie der Grasser-Intimus und Immobilien-Tycoon Ernst Karl Plech, der Buwog-Aufsichtsrat war. Bei den umfangreichen Ermittlungen, die sukzessive ausgeweitet wurden, geht es um Untreue, Steuerhinterziehung, Amtsmissbrauch sowie Absprachen bei Vergabeverfahren. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung.

Die Buwog-Affäre spülte sukzessive auch andere – nicht weniger brisante – Geschäfte hoch, bei denen Hochegger, Meischberger, Grasser und Freunde eine Schlüsselrolle spielten. Offenbar kurbelte das Stichwort „Astropolis“ – so hieß die Hochegger-Firma in Zypern – das Erinnerungsvermögen von „Zeitzeugen“ an. Der ehemalige Kabinettchef im Infrastrukturministerium, Willibald Berner, sprach bei einer Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft sogar von einem „Masterplan“ von Grasser und Co. bei Privatisierungen und anderen Projekten.

Eines dieser Projekte ist der „Terminal Tower“ in Linz. Das Bürohaus, das von der Porr Solutions, der Raiffeisen Leasing und der Raiffeisen-OÖ-Tochter Real Treuhand errichtet wurde, sollte die neue Heimstätte für die Finanzlandesdirektion Oberösterreich werden. Was dann letztlich 2005 auch so geschah. Allerdings galt es zuvor, die stockenden Verhandlungen mit der Finanzbehörde wieder in Gang zu bringen, die sich offenbar zierte, in den Koloss einzuziehen. Ein „wertvoller Tipp“ an die Beteiligten wirkte Wunder: Man möge doch 200.000 Euro an eine zypriotische Firma zahlen. Zufällig hieß die Firma Astropolis.

Ein Einkaufszentrum in Rumänien

Zwischen der Porr Solutions und der Astropolis gibt es aus den Jahren 2005 und 2007 Verträge und Rechnungen. Über genau 200.000 Euro. Im Vertrag heißt es: „für die Erstellung einer Studie zur bestmöglichen Vorgangsweise bei der Evaluierung der neuen Märkte im Hinblick auf beabsichtigte Projektentwicklungen insbesondere im Bereich Büro-, Hotel-, Logistik- und Einkaufszentrenimmobilien“. Eine umfassende Beschreibung für eine große Aufgabe, für die interessanterweise nur zwei Monate Zeit vereinbart worden waren. Jedenfalls zahlte die Porr die vereinbarte Summe. Der Konzern, gegen dessen Exchef Horst Pöchhacker inzwischen ebenfalls ermittelt wird, bestritt jeglichen Zusammenhang.

Interessant, dass just nachdem „Die Presse“ exklusiv über die Causa Terminal Tower berichtete (15.November 2009), ein wichtiges Dokument verschwunden sein soll. Aus einem E-Mail der Porr Solution an die Raiffeisen Leasing und den Terminal-Tower-Projektleiter (Name der Redaktion bekannt) sei ganz klar der Zusammenhang zwischen dem Terminal Tower und dem Geldfluss an die Astropolis zur „Beschleunigung“ der Mietverhandlungen angesprochen worden, erinnert sich ein Beteiligter. Dieses E-Mail sei aus allen Protokollen gelöscht.

Der „Presse“-Bericht brachte die Justizmaschinerie noch mehr in Schwung. Die Recherchen wurden ausgeweitet. Während die Porr bei ihrer Version blieb, dass Hochegger Markterkundungen für Baumärkte in Rumänien durchgeführt habe, sagte Meischberger aus, es sei um die ungarische M7-Autobahn gegangen. Darauf festigte sich der Verdacht, dass es um Scheinrechnungen für Schmiergeldzahlungen gehen könnte.

Bauherr Porr

Die nun von den Grünen in einer parlamentarischen Anfrage öffentlich gemachten Protokolle von Telefonaten zwischen Meischberger und Grasser bzw. Plech sprechen Bände. Sie bestätigten alles bisher Dementierte: Der Freundeskreis schnitt bei vielen Projekten mit. Immer dabei: der Baukonzern Porr. Das jüngste Beispiel: 600.000 Euro zahlte die Porr-Tochter UBM-Realitätenentwicklung an die Meischberger-Firma „Zehnvierzig“ für die Vermittlung eines Mietvertrages im Hotel Holiday Inn in München. Tatsächlich floss das Geld laut Bericht des Bundeskriminalamts für das Projekt Brehmstraße. Dort residiert nun das Zollamt Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2010)

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