Meischberger: "Da bin ich supernackt"

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Abhörprotokolle von Telefonaten zwischen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Ernst Karl Plech belegen Absprachen vor bevorstehenden Verhören und offenbaren dubiose Geschäfte.

Wien. Was tut man, wenn man in der Klemme steckt? Man berät sich mit Freunden, mit sehr guten Freunden. Montag, 1.Februar 2010, 22.16 Uhr: Bei Karl-Heinz Grasser läutet das Telefon. Am Apparat ist sein Freund Walter Meischberger. Grassers einstiger Trauzeuge will wissen, wie er denn bei der bevorstehenden Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft argumentieren solle. Immerhin hat Meischberger allein beim Verkauf der 58.000 Bundeswohnungen (Buwog) 7,7 Millionen Euro kassiert (den Rest auf 9,6 Millionen erhielt PR-Profi Peter Hochegger).

Aber es geht noch um viel mehr als die Buwog-Provision, wie aus den Telefonabhörprotokollen hervorgeht, die die grüne Abgeordnete Gabriela Moser am Dienstag als Teil einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und Finanzminister Josef Pröll (beide ÖVP) veröffentlicht hat. Die Dokumente, die die Wochenzeitung „Falter“ den Grünen zur Verfügung gestellt hat, lesen sich zwar wie das Textbuch eines Kabaretts, sie zeichnen jedoch das Bild eines weitverzweigten Netzwerks, das Grasser mit seinen Freunden Meischberger, Hochegger, Ernst Karl Plech und Ex-Porr-Chef Horst Pöchhacker aufgebaut hat. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Zurück zum 1. Februar: Meischberger berät sich mit Grasser wegen Zahlungen, die er vom Baukonzern Porr erhalten hat und die er zwei Tage später den Ermittlern wird erklären müssen. Als Grasser ihm den Tipp gibt, ein bisserl zu recherchieren, wo die Porr überall tätig ist, um Geschäftsaktivitäten vorzutäuschen, meint Meischberger verzweifelt: „Da bin ich jetzt supernackt.“

„Harmloser Rat an Freunde“

Einen Tag später hakt Meischberger beim Immobilien-Tycoon Plech nach. Den Ermittlern müssen beim Abhören des Gesprächs die Ohren gedröhnt haben: Denn Meischberger und Plech unterhielten sich offen nicht nur über die Buwog-Geschichte, sondern auch über die Projekte Nordbergstraße, Brehmstraße und Justiz Tower. In all diese Vorhaben – und auch in jenes des Terminal Tower in Linz – war das Finanzministerium direkt oder indirekt involviert. Ebenso spielte die Porr immer eine Rolle.

Grasser, Plech und Meischberger, gegen die in der Buwog-Causa seit gut einem Jahr ermittelt wird, haben bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen, dass es sich dabei um Korruption und nicht um Honorare für Beratungsleistungen gehandelt habe. Grassers Anwalt Manfred Ainedter sprach auf „Presse“-Anfrage einmal mehr von einem „völlig harmlosen Rat an Freude“. Sein Mandant sei nie zu diesen Telefonaten befragt worden. Meischbergers Anwalt Eduard Salzborn wiederum beschränkte sich auf: „Kein Kommentar.“ Ebenso reagierte Ex-Porr-Chef Horst Pöchhacker.

Die Staatsanwaltschaft dürfte das anders sehen. „Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren“, sagte die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luise Nittel, zur „Presse“. Geldflüsse von in Summe 800.000 Euro seitens des Baukonzerns Porr wollte Nittel nicht bestätigen. „Es gibt aber noch weitere Zahlungen, die über die 200.000 Euro im Zusammenhang mit dem Projekt Terminal Tower in Linz (siehe Bericht, Seite 2) hinausgehen.“

Die an sich der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Protokolle der Telefonate können übrigens veröffentlicht werden, weil sie in einer Anfrage einer Abgeordneten veröffentlicht wurden. Auch wenn ein Dokument im Nationalrat diskutiert wird, ist es für die Berichterstattung der Medien frei. Grasser-Anwalt Ainedter ist die Vorgangsweise von Moser ein Dorn im Auge: „Es ist ein Skandal, dass eine Abgeordnete ihre Immunität ausnützt, um geheime Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen“, sagte er. Moser dagegen fordert jetzt Konsequenzen der Justiz. „Selbst in meiner Fantasie hätte ich mir die Telefonate nicht so blühend ausmalen können.“ Ihre Frage an Bandion: „Warum wurden die involvierten Personen nicht in Untersuchungshaft genommen?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2010)

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