Staatsschulden kratzen an der 200-Milliarden-Euro Marke

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Die Schulden der Gemeinden sind in einem einzigen Jahr um mehr als 50 Prozent gewachsen. Auch die Verbindlichkeiten der Länder explodieren. Der Schwerpunkt der Schuldenmacherei hat sich deutlich verschoben.

Wien. Die Schulden der öffentlichen Hand wachsen äußerst rasant, jene der Gemeinden sogar ziemlich dramatisch. Das geht aus gestern, Donnerstag, veröffentlichten Daten der Statistik Austria hervor. Demnach ist die Staatsverschuldung von September 2009 auf September 2010 um 5,7 Prozent oder 10,5 Mrd. Euro angestiegen. Die Staatsschulden – also die kumulierten Verbindlichkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden – haben damit Ende September 195,6 Mrd. Euro erreicht. Sie werden wohl demnächst die 200-Milliarden-Schwelle knacken.

40 Milliarden versteckte Schulden

Das ist aber noch nicht die ganze Wahrheit: Zu den rund 195 Mrd. Euro offizieller Staatsschulden kommen ja noch gut 40 Mrd. Euro an Darlehen, die in außerbudgetären Gesellschaften – etwa ÖBB und Asfinag – geparkt sind.

Offiziell hat Österreich also jetzt eine Schuldenquote von rund 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Einschließlich der ausgelagerten Schulden (für die der Bund haftet und für die er überwiegend auch aufkommen wird müssen) liegt die Quote aber schon in der Gegend von 84Prozent.

Zur Erinnerung: Der Euro-Stabilitätsvertrag (Maastricht-Vertrag) erlaubt Staatsschulden von maximal 60Prozent des BIPs. Diesen Wert hat aber bisher kaum ein Euroland eingehalten. Österreich hat das Maastricht-Staatsschuldenkriterium seit 1992 ein einziges Mal erfüllt. Nämlich 2007, als die Schuldenquote ganz knapp unter die 60-Prozent-Marke fiel.

So schnell wird diese Marke auch nicht wieder erreicht werden: Der Staatssschuldenausschuss erwartet, dass es – je nach Budgetdisziplin und Wirtschaftslage – irgendwann zwischen 2023 und 2039 wieder so weit sein könnte. Allerdings nur, wenn zwischenzeitig keine neue Krise ausbricht.

Der Schwerpunkt der Schuldenmacherei hat sich übrigens deutlich verschoben: Die Schulden des Bundes sind von September 2009 auf September 2010 nur vergleichsweise moderat um 3,9 Prozent auf knapp 173 Mrd. Euro gestiegen, obwohl der Bund den Großteil der Krisenfolgen – etwa die Bankenrettung oder die Teilnahme an Euro-Hilfsprogrammen– zu schultern hat.

Unschlagbar beim Geldausgeben

Weitaus großzügiger beim Geldausgeben waren da schon die Länder, deren Schuldenstand um 22,7 Prozent auf 13 Mrd. Euro geklettert ist. Unschlagbar beim Geldhinauswerfen waren zuletzt die Gemeinden, denen es gelungen ist, ihren Schuldenstand binnen eines einzigen Jahres um 50,8 Prozent auf 7,18 Mrd. Euro explodieren zu lassen.

In nächster Zeit kommen aber auch auf den Bund wieder größere Belastungen zu: Die ausgegliederten Infrastrukturausgaben (etwa für den umstrittenen Koralmtunnel) explodieren ja geradezu. Und es könnte durchaus passieren, dass die mittelfristig ins Maastricht-Budget eingerechnet werden müssen. Was die offizielle Staatsschuldenquote hochschnellen lassen würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2010)

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