Der ehemalige Finanzminister erklärt, dass jeder – wie seine Frau – seine Villa am Wörthersee mieten könne. In der Praxis gestaltet sich das freilich etwas schwierig.
Kann man eine solche Einladung ausschlagen? Eine Villa am Wörthersee mit Seezugang, 250 Quadratmeter Wohnfläche, gerade erst renoviert und vor allem mit dem ultimativen Angeb-Faktor (zumindest in manchen Kreisen), im Bett des Karl-Heinz Grasser geschlafen zu haben. „Wenn Sie ein Interesse haben“, meinte Grasser am Mittwochabend in der „Zeit im Bild 2“ zur Vermietung seines Hauses in Maria Wörth an seine eigene Frau, „bitte sich bei der Stiftung zu erkundigen. Ich bin mir sicher, man freut sich über zusätzliche Mieter.“ Also erkundigen wir uns.
Nun unterstellen ja bösmeinende Menschen, dass es dem einst beliebtesten Politiker Österreichs beim ZiB-Auftritt gar nicht um Werbung für neue Mieter gegangen sei, sondern um eine volkstümliche Erklärung für ein eher kompliziertes Konstrukt: Die Villa gehört nämlich nicht Grasser, sondern einer Firma in Wien, die ihrerseits einer Stiftung in Liechtenstein gehört, die wiederum Karl-Heinz Grasser gehört. Der frühere Finanzminister lege damit sein Vermögen steuerschonend an, sagen die Bösen.
So zynisch sind wir nicht, ein Supersauberer wird ja nicht lügen. Also nehmen wir KHG beim Wort und suchen den Kontakt zum Besitzer der Villa, der Firma SMW OG, die Grasser gemeinsam mit Burckhard Graf gegründet hat. Leider hat die SMW OG keine Telefonnummer. Der Firmensitz in Wiens 14. Bezirk ist ein Wohnhaus mit acht Parteien, kein einziges Türschild lautet auf SMW OG. Dafür wohnt Herr Graf hier, der aber offenbar nicht vermieten will: Weder reagiert er auf Läuten noch auf Anrufe.
So leicht geben wir nicht auf. Zumal die Villa eigentlich recht günstig zu mieten sein müsste, weil es „einige Minuspunkte“ gibt, wie Doris Sophie Scarpatetti-Matheis sagt – und die muss es wissen. Erstens bot sie die Villa einst zum Kauf an (Verhandlungspreis waren 1,1 bis 1,3 Millionen Euro), zweitens ist sie die Immobilienmaklerin der Reichen, Wichtigen und Schönen am Wörthersee – und zumindest zu Letzteren gehört KHG.
„Das Seegrundstück ist recht schmal“, gibt Scarpatetti-Matheis zu. Außerdem kann man nicht direkt vom Haus zum See gehen, sondern muss über einen öffentlichen Weg. Dann liegt das Haus im Zentrum des Orts, nicht einsam abgelegen. Conclusio: „Den ultimativen Mietpreis wird man nicht bekommen.“ Ultimativ sind am Wörthersee 50.000 Euro Miete pro Jahr und mehr.
Für Karl-Heinz Grassers Domizil, glaubt Scarpatetti-Matheis nach einigem Rechnen, könnte man eine Nettomiete von um die 3000 Euro pro Monat verlangen, „natürlich abhängig von der Einrichtung“. Sei das Haus nur ein „Edelrohbau“, dann ist's weniger. Das dürfte nicht der Fall sein, schließlich vermietet Grassers Stiftung das Haus ja an seine Ehefrau Fiona. Und die hat dem Vernehmen nach gewisse Ansprüche.
Vielleicht kann ja der Anwalt weiterhelfen. Doch Manfred Ainedter ist ausnahmsweise sprachlos: „Mieten?“, fragt er. „Wenden Sie sich an die SMW OG.“ Womit wir wieder am Anfang wären. Aber, gibt Ainedter zu bedenken, in seinem Mandanten schwinge immer noch ein Politiker mit. „Er wollte überspitzt zum Ausdruck bringen, dass es sich bei der Villa um ein Mietobjekt handelt.“
Muss man am Ende doch an Karl-Heinz Grassers Worten zweifeln?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2011)