Kurssturz bei sicheren Staatsanleihen

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Österreich und Deutschland werden für die Schuldenkrise zur Kasse gebeten. Investoren erwarten für diese Länder höhere Risken, wodurch die Kurse der Anleihen fallen und einen jahrzehntelangen Aufwärtstrend brechen.

Wien. Viele Besitzer von österreichischen und deutschen Staatsanleihen werden langsam, aber sicher zu den Geschädigten der Euro-Krise: Die Rechnung werden sie in Form von Kursverlusten auf dem Sekundärmarkt bezahlen, egal für welche Lösungsansätze sich die EU-Finanzminister demnächst entscheiden, um die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen.

Spätestens ab 2013 soll es für die Eurozone einen dauerhaften Rettungsfonds für bankrottgefährdete Euroländer geben. Bis dahin wird ein 750 Milliarden Euro umfassender Rettungsschirm für marode Staaten garantieren. Diesen Rettungsschirm wollen die EU-Finanzminister nun stärken, um bei den Investoren das Vertrauen in die Eurozone wiederherzustellen.

Dabei werden zwei Ansätze debattiert: Variante eins sieht vor, dass der Rettungsschirm auf 1,5 Billionen Euro erweitert wird. Dafür können sich die Europäische Zentralbank (EZB) und das politisch angeschlagene Belgien erwärmen. Variante zwei: Die „gesunden“ Länder – wie Österreich, Deutschland, Niederlande, Frankreich, Finnland und Luxemburg – sollen stärker für andere Länder bürgen. Damit soll der Fonds auf dem Kapitalmarkt leichter und schneller zu Geld kommen, das er den hoch verschuldeten Euroländern zur Verfügung stellen kann.

Österreich-Anleihen brechen ein

Für welche Variante sich die EU-Verantwortlichen auch verständigen werden: Die finanziell besser dastehenden Länder werden zur Kasse gebeten. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) will zwar verhindern, dass Österreich höhere Belastungen tragen muss. Die Investoren trauen ihm das aber offenbar nicht zu. Sie trennten sich zuletzt in größerem Stil von österreichischen Staatspapieren, wodurch die Anleihenkurse stark gesunken sind. Seit August ging der Wert für heimische Anleihen, die 2020 fällig werden, um 7,5 Prozent zurück. Das führte im Gegenzug dazu, dass die Rendite um 37 Prozent anstieg.

Die Rendite bei den auf dem Sekundärmarkt gehandelten Anleihen ergibt sich aus dem Kurs und dem Zinscoupon. Sinkt der Kurs bei gleichbleibendem Zins, steigt die Rendite. Das ist für jene Anleger ein Problem, die österreichische Staatsanleihen halten und diese vor Ende der Laufzeit verkaufen wollen.

„Die Diskussion, dass Länder mit einer besseren Kreditwürdigkeit für den Rettungsschirm stärker haften sollen, steht derzeit im Vordergrund. Das verunsichert die Investoren“, sagt Gottfried Steindl, Ökonom der Raiffeisenbank International (RBI). „Außerdem hat sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet mit den jüngsten Inflationsraten nicht zufrieden gezeigt. Er hat damit Spekulation ausgelöst, dass die EZB die Zinsen früher als geplant erhöhen könnte. So etwas drückt auch die Anleihenkurse“, fügt Thomas Steinberger, Geschäftsführer des Instituts für Quantitatives Assetmanagement (IQAM), hinzu.

Trendbruch bei Staatsanleihen

Für viele Experten werden sich die Anleger längerfristig auf Kursverluste bei sicheren Staatsanleihen einstellen müssen. Auch bessere Aussichten belasten die Anleihen: Sollte die Wirtschaft tatsächlich anspringen, würden sich viele Anleger von sicheren und niedrig verzinsten Papieren abwenden und höhere Renditen suchen.

Damit droht ein langer Trend zu brechen. In den vergangenen 30Jahren konnte man mit biederen deutschen Bundesanleihen durchschnittlich über sechs Prozent verdienen, wie der RexP-Index verdeutlicht. Der RexP ist ein Messinstrument für den deutschen Anleihenmarkt, ähnlich wie der ATX die Performance österreichischer Aktien misst. Seit September fiel der Index um vier Prozent ab. Das ist einer der größten Rückgänge seit Jahrzehnten und markiert das Ende eines Aufwärtstrends, der mehrere Dekaden anhielt.

Für Anleger, die Anleihen bei der Emission kaufen und dann bis zur Tilgung behalten, spielt der Kurs allerdings keine Rolle: Sie bekommen am Ende der Laufzeit auf jeden Fall 100 Prozent ausbezahlt – und trösten sich bis dahin mit den jährlichen Zinszahlungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. Jänner 2011)

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