Der vergessliche Grasser zappelt im Stiftungsnetzwerk

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Die Erklärungen Grassers muten seltsam an. Denn für steuerehrliche Österreicher ergibt eine Liechtenstein-Stiftung keinen Sinn. Und unterjährige Kursgewinne auf "vergessenen" Depots sind nicht zu versteuern.

Wien. In der Diskussion um die „supersaubere“ Weste des ehemaligen Finanzministers und nunmehrigen Privatiers Karl-Heinz Grasser werden unwidersprochen immer wieder zwei Behauptungen aufgestellt, die einer näheren Betrachtung nicht standhalten.

Als da wären: Ein umfangreiches Steueroasen-Firmengeflecht mit dem Endpunkt einer Stiftung in Liechtenstein sei „ganz normal“, wenn man sein Geld gut verwalten wolle.

Und: Die Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung sei notwendig geworden, weil es „unterjährige Gewinne“ auf einem „vergessenen“ Depot gegeben habe, die – weil das Depot ja unbeachtet vor sich hin dümpelte – einfach übersehen wurden.

Zum Ersten: Eine Stiftung in Liechtenstein ist nichts Ehrenrühriges. Und auch nichts Außergewöhnliches, soll es doch dort angeblich 5000 Stiftungen von Österreichern geben. Sie ergibt nur, wie selbst liechtensteinische Banker im Gespräch offen zugeben, für steuerehrliche Österreicher einfach keinen Sinn.

Der Grund heißt Eingangssteuersatz: Wer eine Stiftung dotiert, also sein Vermögen „hingibt“, muss eine Art Schenkungssteuer berappen. In Österreich liegt diese Eingangssteuer bei 2,5Prozent. Dotiert ein Österreicher ganz offiziell eine Stiftung in Liechtenstein, dann hat er dafür aber 25 Prozent Eingangssteuer zu bezahlen. Dazu kommen noch 3,5Prozent Grunderwerbsteuer, falls es sich beim eingebrachten Vermögenswert um eine Immobilie handelt.

„Millionenfalle“ Liechtenstein

Ein fiktives Beispiel: Ein Berater kassiert im Zusammenhang mit einem Groß-Immobiliendeal zehn Mio. Euro Honorar. Versteuert er das ordnungsgemäß, zahlt er erst einmal knapp fünf Mio. Euro Einkommensteuer in Österreich. Bringt er den Rest in eine österreichische Privatstiftung ein, kostet das noch einmal 125.000 Euro an Eingangssteuer. Transferiert er diesen Betrag aber ganz offiziell in eine liechtensteinische Stiftung, sind 1,25 Mio. Euro Eingangssteuer fällig. Macht 1,125 Mio. Euro Unterschied!

Anders gesagt: Wer in Österreich zu versteuerndes Geld ganz offiziell an eine liechtensteinische Stiftung transferiert, dürfte wohl unter einer eklatanten Rechenschwäche leiden. Wirtschaftlich ergibt das keinen Sinn.

Anders sieht es natürlich aus, wenn man (aus steuerlichen oder sonstigen Gründen) viel Wert auf „Diskretion“ legt, die in Österreich anfallenden Steuern also nicht oder nur teilweise in die Berechnung einfließen müssen. Denn die liechtensteinische Stiftung bietet ein deutlich höheres Maß an Anonymität als die österreichische.

Den Weg des Geldes dorthin kann man mit einem Steueroasennetzwerk etwas undurchschaubarer machen. Auch wenn das nicht immer funktioniert, wie der Fall Meischberger gezeigt hat, der sich in der Causa Buwog/Immofinanz steuerlich per Selbstanzeige erledigte. Natürlich wird dem Privatier Grasser hier nicht unterstellt, sein Stiftungsnetzwerk so verwendet zu haben. Er kann als steuerehrlicher Staatsbürger auch nur von einer Steuerberatungskanzlei schlecht beraten worden sein.

Steuerpflicht nur bei Verkauf

Merkwürdig mutet die Erklärung an, ein „unterjähriger“ Kursgewinn auf einem kanadischen Wertpapierdepot sei „vergessen“ worden. Unterjährige Kursgewinne sind ganz klar nicht steuerpflichtig.

Außer natürlich, sie werden durch Verkauf eines Wertpapiers innerhalb der Spekulationsfrist realisiert. Dazu muss man aber aktiv handeln – auf einem „vergessenen“ Wertpapierdepot?

Wenn aber, wie es aussieht, aktiv Kauf- und Verkaufsaufträge gegeben wurden – muss ein Finanzminister (oder dessen Vermögensverwalter) dann wissen, dass die Erträge daraus steuerpflichtig sind? Gute Frage. Der einfache Staatsbürger muss es jedenfalls.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2011)

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