"Die beste Woche in der Geschichte des Ökostroms"

(c) AP (Susan Montoya Bryan)
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Atomkatastrophe in Japan sorgt für einen Ansturm der Neukunden bei heimischen Grünstromanbietern. Was sich die Anbieter auf keinen Fall leisten wollen ist ein ähnliches PR-Desaster, wie ein deutscher Anbieter.

Wien. Durchschnittlich 45 Euro bezahlt jeder österreichische Stromkunde künftig im Jahr für die Förderung von Ökostromanlagen. Für 99 Prozent aller Österreicher ist das „grüne“ Gewissen damit mehr als beruhigt. Einigen reicht das aber nicht. Sie zahlen freiwillig noch ein wenig mehr, wollen dafür aber ihre Stromversorgung gänzlich von fossilen Brennstoffen wie Gas und Kohle und nicht zuletzt Atomenergie abgekoppelt wissen.

„300 Prozent mehr Neukunden“

In Österreich bieten derzeit fünf Unternehmen hundert Prozent Strom aus Wasser, Wind und Sonne. Seit der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima verzeichnen sie einen regelrechten Ansturm an Neukunden. „Es war die beste Woche in der Geschichte des heimischen Ökostroms“, sagt Horst Ebner, Vorstand der Ökostrom AG, die rund 10.000 Haushalte mit Ökostrom beliefert, zur „Presse“. Seit die Medien intensiver über die nukleare Gefahr in Japan berichtet haben als über den Tsunami, habe es zehn Mal mehr Anfragen gegeben als früher. Innerhalb einer Woche konnte die Ökostrom AG rund 400 Neukunden gewinnen – in einer „normalen“ Woche waren es 25.

„Der Stromkunde ist mündiger geworden“, bekräftigt auch Wilfried Klauss von der AAE Naturstrom. „Erstmals seit der Liberalisierung des heimischen Strommarktes 2001 ist das Thema tatsächlich in den Köpfen der Menschen angekommen.“ Beim Kärntner Unternehmen registrierte man in den vergangenen Tagen einen Anstieg der Neukunden „um 300 Prozent“. „Da müssen wir schauen, dass wir mit dem Angebot nachkommen.“

Skandal um „grünen“ Atomstrom

Denn was sich die heimischen Ökostromanbieter auf keinen Fall leisten wollen ist ein ähnliches PR-Desaster, wie es vor drei Jahren der deutsche Anbieter Lichtblick erlebt hat: Denn auch das Hamburger Unternehmen hatte mitunter Probleme, all seine Kunden mit Strom aus sauberen Energiequellen zu beliefern. Warfen die Windräder und Wasserkraftwerke zu wenig Energie ab, kaufte Lichtblick eben an der Strombörse zu.

Dumm nur, dass dann in manchen Fällen auch der so ungeliebte „Atomstrom“ aus den Steckdosen der ökologisch motivierten Kunden von Lichtblick geflossen ist.

In Österreich wäre ein derartiges Szenario nicht denkbar, versichern die Branchenvertreter unisono. Die Ökostrom AG verweist auf „großzügige Rahmenverträge mit Wasserkraftwerken“, die auf jeden Fall für die Deckung des Strombedarfs ihrer Kunden ausreichten. „Unser Strom kommt direkt aus kleinen Wasserkraftwerken und von einer Unzahl an privaten Fotovoltaikanlagen“, erklärt Klauss von AAE Naturstrom. Derzeit beliefern die Kärntner 12.000 Haushalte. Die Kapazitäten würden für 35.000 reichen. Auch für die Zeit danach haben die Kärntner eine Lösung parat: „Wenn die Energie aufgebraucht ist, nehmen wir einfach keine Kunden mehr.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2011)

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