Arbeitsmarkt: 20.000 Arbeitskräfte aus dem Osten fix

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eren(c) Clemens Fabry
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Während Arbeitsmarkt-Experten, Politiker und Sozialpartner über die Zahl der Neuankömmlinge einig sind, gibt es unterschiedlichste Theorien darüber, wie gut sie ausgebildet sein werden.

Wien . Eines steht fest: Die Tür einrennen werden jene Arbeitskräfte, die ab 1.Mai ohne Bewilligung in Österreich arbeiten dürfen, den heimischen Betrieben nicht. Zwischen 21.000 und 26.000 Migranten und Pendler aus jenen mittel- und osteuropäischen Ländern, die 2004 der EU beigetreten sind, werden in den nächsten beiden Jahren nach Österreich kommen, glaubt Klaus Nowotny vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Mit dieser Zahl aus einer für das Sozialministerium angefertigten Studie bewegt sich Nowotny exakt im Rahmen der bisherigen Schätzungen.

Während Arbeitsmarkt-Experten, Politiker und Sozialpartner über die Zahl der Neuankömmlinge aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Polen, Estland, Lettland und Litauen relativ einig sind, gibt es unterschiedlichste Theorien darüber, wie gut sie ausgebildet sein werden. „Möglich ist alles“, sagt Helmut Hofer, Arbeitsmarkt-Experte des Instituts für Höhere Studien (IHS): „Man weiß es nicht.“

Unterschiedlichste Theorien

Wifo-Studienautor Nowotny sieht es anders als sein Kollege vom IHS: Etwa drei Viertel von jenen, die kommen werden, bringen eine Ausbildung auf Facharbeiter- oder Maturaniveau mit, ergab seine Studie. Weitere zehn Prozent werden demnach mit einem akademischen Abschluss auf den österreichischen Arbeitsmarkt kommen. Nur 15Prozent werden niedrig qualifiziert sein. Im Umkehrschluss sind also 85 Prozent gut qualifiziert.

Diametral entgegengesetzt ist die Theorie von AMS-Chef Johannes Kopf: Niedrig qualifizierte Arbeitskräfte seien die Einzigen, die bisher noch keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt hatten. Demnach dürften diese am ehesten interessiert sein, sich hier Arbeit zu suchen. Trotzdem glaubt Kopf, dass auch weiterhin Facharbeiter nach Österreich kommen. Für diese falle mit der vollständigen Liberalisierung des Arbeitsmarktes eine bestehende Hürde weg: So konnten Facharbeiter aus mittel- und osteuropäischen Staaten bereits bisher in 60 verschiedenen Berufen in Österreich arbeiten, in denen es einen Fachkräftemangel gab. Doch musste der potenzielle Arbeitgeber für den ausländischen Mitarbeiter um eine Bewilligung beim AMS ansuchen. Dieser zusätzliche Bürokratieaufwand habe dem osteuropäischen Bewerber oft den Arbeitsplatz verwehrt, sagte Kopf zur „Presse“.

IHS-Arbeitsmarkt-Experte Hofer hält es für möglich, dass bis zu 50 Prozent der Arbeitsmigranten in Berufen mit niedriger Qualifikation eingesetzt werden. Damit sei aber noch nicht gesagt, dass diese gleichzeitig gering qualifiziert sind, da viele Arbeitskräfte aus dem Osten oft unter ihrer Qualifikation eingesetzt würden.

Zweite Ost-Runde kommt 2014

Über die tatsächliche Qualifikation entscheide jedoch auch die heimische Wirtschaftsentwicklung, sagt Hofer. Diese beeinflusse, welche Berufe die heimischen Zeitarbeitsvermittler nachfragen, und in Folge, wer nach Österreich kommt.

Österreich hat für die Öffnung des Arbeitsmarkts die Übergangsfrist von sieben Jahren voll ausgeschöpft. Bei der nächsten Runde (Rumänien und Bulgarien) plant Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), dies ebenso zu tun. Für sie fallen 2014 alle Schranken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2011)

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