Betrug und Korruption? Das sind doch Probleme der anderen

Symbolbild
Symbolbild(c) BilderBox (BilderBox.com / Erwin Wodicka)
  • Drucken

Korruptionspraktiken wie Bestechung und Betrug stehen in vielen europäischen Unternehmen auf der Tagesordnung. Österreicher glauben laut Studie allerdings nicht an eine verbreitete Korruption im eigenen Land.

Wien/Cim. Ein kleines Geschenk, eine Reise, um bei einem Geschäft ein wenig nachzuhelfen oder die eine oder andere Summe für einen „Berater“ – Bestechung und Betrug stehen in vielen europäischen Unternehmen auf der Tagesordnung.

Einer Studie zufolge glauben europaweit 62 Prozent der Befragten, dass Korruptionspraktiken weitverbreitet sind. In Österreich teilen diese Meinung nur 34 Prozent. Das geht aus der „European Fraud Survey 2011“ der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervor, für die Angestellte und Führungskräfte in 25 Ländern befragt wurden.

Mehr als jeder Dritte der Befragten quer durch Europa ist auch selbst bereit, Geldgeschenke oder Unterhaltung anzubieten, um bessere Geschäfte zu machen. Besonders freigiebig sind demnach die Griechen und Russen, wenn es darum geht, einen Abschluss ein wenig zu beschleunigen. Am ehrlichsten dürfte es dagegen in Frankreich und Norwegen zugehen.

Griechen rufen nach Kontrolle

Trotz unzähliger aufgedeckter Skandale wird das Problem nicht kleiner. Vier von zehn Befragten sind der Ansicht, dass sich die Korruption in der Krise der vergangenen zwei Jahre noch weiter verbreitet hat. Aber der Ruf nach mehr Überwachung wird laut – besonders in den am stärksten krisengebeutelten Ländern. In Portugal, Irland, Spanien und Griechenland fordern 80 Prozent der Befragten strenge Kontrollen.

Die Österreicher wähnen sich indes in einer eher korruptionsfreien Zone. Nur 58 Prozent halten eine strengere Aufsicht der Behörden für notwendig. Europaweit sind es 77 Prozent. 34 Prozent der Befragten glauben, dass Bestechung und Korruption hierzulande weitverbreitet sind. „Das Ergebnis spiegelt die österreichische Mentalität wider: Tagtäglich wird zwar in den Medien berichtet, dass unethisches Verhalten an der Tagesordnung ist, aber wir glauben dennoch nicht wirklich daran“, sagt Martin Schwarzbartl, Geschäftsführer der Ernst & Young Fraud Investigation & Dispute Services in Österreich.

In Österreich glauben nur elf Prozent der Befragten, dass Unternehmen routinemäßig Bestechung nutzen, um Geschäfte abzuschließen. Im Europaschnitt sind es 28 Prozent. Aber auch die Akzeptanz gegenüber Wirtschaftskriminalität ist in Österreich eher gering: Während es im Schnitt der Befragten 19 Prozent für legitim halten, Dienstleistungen, Geschenke oder Geld als Gegenleistung für die Zusage eines Geschäftes anzubieten, sind dieser Ansicht in Österreich nur zwölf Prozent der Mitarbeiter.

Kaum ein Thema in den Firmen

Allerdings, in Österreich setzt man sich mit dem Thema auch ungern auseinander. Nur 17 Prozent der Befragten hatten in ihrem Betrieb schon Trainings dazu, in ganz Europa waren es 38 Prozent.

„Österreich ist, was den Umgang mit Korruption und Betrug betrifft, weit vom europäischen Niveau entfernt“, sagt Schwarzbartl. Hierzulande glaube man offenbar gern, dass Korruption ein Problem der anderen sei. „Bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine schlagkräftige Bekämpfung dieser Dinge schafft. Ansonsten laufen wir Gefahr, den Ruf einer Bananenrepublik zurückzuerlangen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.