Schuften für die leeren Staatskassen

Schuften für die leeren Staatskassen
Schuften für die leeren StaatskassenFriedrich Rödler vom Berater Pricewaterhouse Coopers (PwC) (c) PWC
  • Drucken

Bis Ende Juli fließt das Einkommen der Österreicher in die Tasche des Staates. Das Steuersystem ist bürokratisch und nicht wettbewerbsfähig. Änderungen sind kaum in Sicht.

Wien. „Wunderbar, nur am Grundproblem ändert es nichts.“ Nicht ganz ohne Ironie kommentiert Friedrich Rödler vom Berater Pricewaterhouse Coopers (PwC) die jüngsten Änderungen im Steuergesetz. „Jetzt dürfen wir den Kirchenbeitrag und Spenden an die Feuerwehr absetzen. Das sind aber nur unwichtige Kleinigkeiten. Viel wichtiger wäre es, Österreichs Steuersystem endlich international wettbewerbsfähig zu machen.“

Gemeinsam mit der Denkfabrik „Austrian Economics Center“ hat PwC errechnet, wie lange die Österreicher arbeiten müssen, ehe das von ihnen verdiente Geld in die eigenen Taschen fließt – also nicht mehr in die Staatskasse. Das Ergebnis: Am 31. Juli werden heuer alle Steuern und Abgaben getilgt sein. Bis dahin arbeitet der beschäftigte Teil der Bevölkerung für die Finanzierung des Staates.

Dieser Berechnung zugrunde gelegt wurde das für 2011 erwartete Volkseinkommen von 213,6 Mrd. Euro sowie Steuern und Abgaben in der Höhe von 124,8 Mrd. Euro. Entsprechend vergehen sieben Monate, ehe heuer von den Studienautoren der sogenannte „Tax Freedom Day“ ausgerufen wird – jener Tag, an dem sich die Bürger aus den Fängen des Steuerapparates befreit haben.

Auch wenn andere Berechnungen – nämlich jene, die nicht das Volkseinkommen, sondern das höhere Bruttoinlandsprodukt zugrunde legen – vom 2. Juni als „Tax Freedom Day“ sprechen: Klar ist, dass sich das Datum im Vergleich zum Vorjahr um einige Tage nach hinten verschoben hat.

(c) DiePresse

Abschreckung für Unternehmen

Noch deutlicher wird das Bild, wenn man die späten 1970er-Jahre als Basis heranzieht. Damals waren die Steuern und Abgaben je nach Berechnungsart bereits Ende Juni beziehungsweise Anfang Mai (BIP-Betrachtung) getilgt. „Der Staat nimmt einen immer größeren Teil unseres Geldes in Anspruch“, sagt Rödler. Was freilich nichts an einem steigenden Schuldenstand ändert. 2013 erwartet die Regierung einen Verschuldungsgrad von 75,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ausgelagerte Schulden, etwa jene der Bundesbahnen, sind darin noch nicht berücksichtigt.

Doch nicht nur die Höhe der Abgaben bereitet den Experten Sorgen. Sondern auch die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Landes. So liegt die Alpenrepublik einem Bericht der Weltbank zufolge in puncto Wettbewerbsfähigkeit des Steuersystems unter 186 Nationen auf dem 104. Rang – eine Verschlechterung von drei Plätzen im Vergleich zum Vorjahr.

Schweden beispielsweise liegt in dieser Statistik deutlich vor Österreich (Platz 39), obwohl die Abgabenquote höher ist. Der Grund liegt in der Effizienz. Während Österreich durch 131 verschiedene Lohnarten und ein 1350 Seiten dickes Buch zur Lohnverrechnung besticht, locken die Skandinavier internationale Konzerne mit einem einfachen und unbürokratischen Steuersystem.

Wie also kann Österreich den Teufelskreis aus steigender Staatsschuld, einer wachsender Steuerlast und der Ineffizienz des Systems durchbrechen? „Natürlich muss gespart werden“, sagt Rödler. „Doch unsere Politiker dazu anzuregen, ist genauso aussichtsreich, wie einen Hund zu bitten, sich eine umfangreiche Knackwurst-Sammlung anzulegen.“

Eine „Flat Tax“ als Allheilmittel?

Bleiben die Möglichkeiten, die Steuereinnahmen zu erhöhen und das System zu vereinfachen. Glaubt man dem „Austrian Economic Center“, könnte eine Einheitssteuer („Flat Tax“) beides erreichen. „Der Wettkampf mit anderen europäischen Ländern wird wichtiger“, sagt Barbara Kolm, die Chefin der liberalen Denkfabrik.

Sie bezieht sich unter anderem auf Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Litauen und Rumänien – alles Staaten, die bereits einen einheitlichen Steuersatz eingeführt haben. Auch die ideale Höhe hat Kolm parat: 25 Prozent. Ein Wert, der höher ist als in den östlichen EU-Ländern, aber durch andere Standortvorteile wettgemacht werden könnte. „Die gesamten Steuereinnahmen würden steigen“, glaubt Kolm. Weil Firmen und Wohlhabende eher bereit wären, sich in Österreich anzusiedeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 7. Juni 2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Freedom Halbes Jahr arbeiten
Österreich

'Tax Freedom Day': Halbes Jahr arbeiten für Steuern

Nach einer Berechnung des "Austrian Economic Center" arbeiten die Österreicher bis 31. Juli, um alleine die Abgaben zu tilgen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.